Das erklärte die Entwicklungsorganisation Oxfam zum zweiten Jahrestag des Unglücks am Donnerstag in Berlin. Oxfam warf Politik und Unternehmen vor, zu wenig zum Wohl der Arbeiter getan zu haben und forderte langfristig rechtliche Vorgaben.
Arbeitsbedingungen in Texilfabriken nach wie vor schlecht
Am 24. April 2013 stürzte in Sabhar nahe der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka das neungeschossige Fabrikgebäude ein. Dabei starben mehr als mehr als 1.100 Menschen, über 2.400 wurden verletzt. Viele leiden dauerhaft unter den Folgen. Nach Angaben der Arbeitsrechte-Expertin bei Oxfam Deutschland, Franziska Humbert, sind die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken des Landes "nach wie vor menschenunwürdig". Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter seien immer noch gefährdet, und sie müssten weiterhin "12-Stunden-Schichten für einen Hungerlohn leisten".
Kritik an deutschen Textilunternehmen
Mit Blick auf die noch ausstehenden Entschädigungsleistungen kritisierte Humbert unter anderem namentlich die deutschen Textilunternehmen Adler Modemärkte und KiK. Sie würden den Forderungen nicht gerecht, so Humbert. Zwar hätten viele deutsche Unternehmen kurz nach der Katastrophe ein internationales Abkommen für Brandschutz und Gebäudesicherheit unterzeichnet. Grundlegende Fragen wie etwa existenzsichernde Löhne und die Gewerkschaftsfreiheit in den Produktionsstätten in Bangladesch hätten sie aber kaum behandelt. Humbert begrüßte ausdrücklich, dass nun auch Textilverbände dem freiwilligen Textilbündnis beitreten wollten; in dem von der Bundesregierung initiierten Bündnis verpflichten sich Hersteller freiwillig zu einem nachhaltigen Textilsektor. Sie kritisierte aber, dass sich große Modeunternehmen weiter gegen einen Beitritt sperrten. "Nur mit ihrer Beteiligung wäre es möglich, die großen Herausforderungen in der Lieferkette zu meistern", so die Oxfam-Expertin.
Bundesregierung zum Handeln aufgerufen
Das katholische Hilfswerk Misereor die Bundesregierung aufgefordert, deutsche Unternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen. Die Firmen müssten gesetzlich verpflichtet werden, für die Einhaltung der Menschenrechte bei ihren Tochterunternehmen und Geschäftspartner im Ausland zu sorgen, erklärte Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel am Dienstag in Aachen. Firmen, die von ungerechten Arbeitsstrukturen und Billiglöhnen in Ländern wie Pakistan oder Bangladesch profitierten, dürften nicht länger wegschauen, betonte Spiegel. Das Hilfswerk nannte Frankreich als Vorbild. Dort habe die Nationalversammlung jüngst ein Gesetz zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen verabschiedet, dem nun noch der Senat zustimmen müsse. Eine solche Gesetzesinitiative könnte die Bundesregierung nach Ansicht von Misereor in den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte aufnehmen, der derzeit erarbeitet wird. Misereor kritisierte, dass auch deutsche Firmen die Opfer von Rana Plaza noch nicht ausreichend entschädigt hätten. "Viele Opfer-Familien müssen so zusätzlich zu dem seelischen Leid materielle Nöte erleiden", erklärte Spiegel.