Ordensmann sieht großen Druck auf Christen im Heiligen Land

Beleidigungen und Reibungspunkte

Der Druck auf Christen im Heiligen Land hat laut Benediktiner Nikodemus Schnabel spürbar zugenommen. "Gesellschaftlich gab es schon immer die Kräfte, die uns abgrundtief hassen", sagte der baldige Abt der Dormitio-Abtei.

Israelische Sicherheitskräfte an einer Absperrung vor wartenden Christen und Pilgern / © Andrea Krogmann (KNA)
Israelische Sicherheitskräfte an einer Absperrung vor wartenden Christen und Pilgern / © Andrea Krogmann ( KNA )

Früher seien das die Ränder der Gesellschaft gewesen, heute säßen sie in Israel auf der Regierungsbank wie der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir.

"Ich werde praktisch täglich angespuckt."

"Als wir 2015 in unserem Kloster in Tabgha einen verheerenden Brandanschlag hatten, hat er die Täter als Anwalt vertreten. Sein Auftreten vor Gericht war voller Beleidigungen und hat sich uns ins Gedächtnis eingebrannt", sagte Schnabel. Allein in Jerusalem habe es im laufenden Jahr bereits sieben Vorfälle von antichristlicher Gewalt gegeben, so Pater Nikodemus. Auf die Frage, ob ihn das auch persönlich betreffe, antwortete er: "Ja. Ich werde praktisch täglich angespuckt. Als ich vor 20 Jahren hierher kam, ist das vielleicht einmal im halben Jahr passiert."

Pater Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht (KNA)
Pater Nikodemus Schnabel / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Weitere Reibungspunkte 

Hinzu kämen weitere Reibungspunkte. "Der zweitgrößte Grundbesitzer in Israel ist das griechisch-orthodoxe Patriarchat, kurz danach kommen schon die Franziskaner", erläuterte der Benediktiner. So stünden der Oberste Gerichtshof in Jerusalem, das Israel-Museum und die Knesset, also das Parlament, auf kirchlichem Grund. "Da gibt es immer Begehrlichkeiten, da wird die Kirche kritisch beäugt, vor allem von der jetzigen Regierung, die auf ein einheitliches jüdisches Erscheinungsbild der Stadt hinarbeitet."

 Allein gelassen 

Natürlich könnten Christen nach der EU rufen oder nach dem Heiligen Stuhl. Doch es gebe international eine mangelnde Sensibilität für diese Fragestellung und auf deutscher Seite eine panische Angst, etwas falsch zu machen, wenn es um Israel gehe, so der Ordensmann. "Aus meiner Sicht bedeutet Solidarität mit Israel jedoch nicht Solidarität mit der jeweiligen Regierung, sondern mit allen Bürgern dieses Landes, mit der Zivilgesellschaft, und da gehören die Christen dazu. Aber da fühle ich mich manchmal doch ziemlich alleingelassen."

Gutes Verhältnis zwischen christlichen Konfessionen 

Zum Verhältnis der christlichen Konfessionen untereinander sagte Pater Nikodemus: "Mich regt es auf, wenn Reiseführer immer noch genussvoll von prügelnden Mönchen in der Grabeskirche berichten. Das sind uralte Kamellen." Heute sei das Verhältnis unter den christlichen Konfessionen tatsächlich ein sehr gutes. "Aber das ist sicher nicht nur ein Gnadengeschenk des Heiligen Geistes. Sondernjeder weiß auch, dass wir gleich unsere Koffer packen können, wenn wir uns auch noch untereinander Stress machen."

Dormitio-Abtei

Die deutschsprachige Benediktinerabtei der Dormitio gehört als Blickfang zur Silhouette Jerusalems. Der Bau des Klosters auf dem Zionsberg am Rande der Altstadt begann im März 1906. Es befindet sich dort, wo sich nach kirchlicher Überlieferung das Letzte Abendmahl Jesu und die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel ereigneten. Am 3. Februar wählte die Gemeinschaft den deutschen Benediktiner Nikodemus Schnabel (44) zum neuen Abt.

Die Dormitio-Abtei ist eine deutschsprachige Benediktinerabtei auf dem Berg Zion in Jersualem und Einsatzort des Deutschen Verein vom Heiligen Lande / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Dormitio-Abtei ist eine deutschsprachige Benediktinerabtei auf dem Berg Zion in Jersualem und Einsatzort des Deutschen Verein vom Heiligen Lande / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA