Ordensoberer hält digitale Weltsynode für "ausbaufähig"

"Ein ehrenwerter Versuch"

Die katholische Welt hat diese Woche nach Prag zur "Europa-Etappe" der Weltsynode geblickt, wo über die Zukunft der Kirche diskutiert wurde. Zugeschaltet war auch Bruder Andreas Murk, Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz.

Kontinentaletappe der Weltsynode in Prag / © Björn Steinz (KNA)
Kontinentaletappe der Weltsynode in Prag / © Björn Steinz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie waren von Montag bis Donnerstag digital zugeschaltet, von morgens bis abends. Was war das für ein Erlebnis?

Bruder Andreas Murk, Provinzial der Franziskaner-Minoriten / © Christian Wölfel (KNA)
Bruder Andreas Murk, Provinzial der Franziskaner-Minoriten / © Christian Wölfel ( KNA )

Bruder Andreas Murk OFM Conv. (Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz): Ganz allgemein war es für mich eine interessante Erfahrung online teilzunehmen und dann natürlich auch an einer "Europa-Premiere" solch eines Synodalen Versuchs dabei zu sein.

DOMRADIO.DE: Sie schreiben in Ihrem Blog auf orden.de, auch von den Gesprächen, die da geführt wurden. Da zeigen Sie sich nicht wirklich überzeugt vom digitalen Format. Es ist nicht die ganze Zeit problemlos gelaufen.

Murk: Live vor Ort dabei zu sein, gibt die Möglichkeit, mit anderen Menschen zu interagieren, sich einzubringen, Zwischentöne aufzuschnappen, selbst Zwischentöne zu setzen, mal in der Pause mit jemandem zu plaudern. Da hat das Digitale schon natürlich Defizite.

DOMRADIO.DE: Lief denn der technische Ablauf ohne Probleme?

Bruder Andreas Murk (Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz)

"Bei so einer Großveranstaltung, die auch noch wichtig ist, hätte man das im Vorfeld auch besser organisieren können."

Murk: Das war etwas schwierig, weil wir alle Arbeitsgruppen zugeordnet waren und die Hälfte von uns keinen Link hatte. Sowas ist immer ärgerlich. Meistens löst es sich dann doch irgendwie, wenn auch pragmatisch. Bei so einer Großveranstaltung, die auch noch wichtig ist, hätte man das im Vorfeld auch besser organisieren können.

DOMRADIO.DE: Die Ordensschwester Katharina Ganz war auch digital zugeschaltet und hat sich darüber beschwert, dass an einem Tag der Chat für die Teilnehmer abgeschaltet wurde. Angeblich, weil es da zu Beleidigungen und zu Grenzüberschreitungen gekommen ist, allerdings ohne vorherige Absprache mit den Teilnehmern. Sie sagt, es sei nicht synodal, dass man von oben herab entscheidet. Sie haben das ja jetzt aus der Innensicht mitbekommen. Können Sie erst mal erklären, was das für eine Situation war und ob diese Kritik daran berechtigt ist?

Murk: Bei so einer Veranstaltung braucht man einen moderierten Chat und dann kann der Moderator entsprechend eingreifen, wenn es da zu "Ausschreitungen" kommt. Ich habe den Chat nicht permanent verfolgt, weil ich mich auf das konzentrieren wollte, was inhaltlich besprochen wurde. In dem Chat waren schon auch Kommentare, die der eine oder andere vielleicht als verletzend empfunden hat.

Das wurde uns als Grund genannt, weswegen man den abgeschaltet hat. Es war sehr schwierig, weil wir dann nur noch vor dem Bildschirm saßen und auch keinen Moderator für uns hatten, bei dem wir uns hätten beschweren können. Das einzige, was wir noch machen konnten, war die "Applaus-Hände" als Reaktion anzuklicken. Das war schon mühsam.

DOMRADIO.DE: Ist es denn das richtige Format, über solche komplizierten kirchenpolitischen Zukunftsfragen zu debattieren? Wahrscheinlich ist es gar nicht anders möglich, so viele Menschen in einen Raum zu versammeln.

Murk: In den kleinen Arbeitsgruppen hatten wir eine sehr gute Atmosphäre, die wir auch als wertschätzend und synodal erlebt haben. Ich war wirklich positiv überrascht. Aber ich glaube, dass man für komplizierte Dinge nie um Präsenztreffen herum kommt.

Andererseits: Ich persönlich hätte ja nie teilnehmen können, wenn es jetzt nicht in diesem Online-Format möglich gewesen wäre. Das war ein ehrenwerter Versuch mit einer guten Intention, aber an der Umsetzung muss man noch arbeiten.

DOMRADIO.DE: Sind Sie in Ihrer Funktion als Vorsitzender der Deutschen Ordensoberenkonferenz zufrieden? Denken Sie, die Anliegen der Ordensgemeinschaften werden gehört?

Murk: Insofern ja, weil die Anliegen der Ordensgemeinschaften ja keineswegs homogen sind. Wir bilden eine Landschaft von 400 Gemeinschaften ab. Da sind alle Anliegen dabei, die es irgendwo in der Kirche gibt.

In dem Abschlussdokument, das noch nicht final vorliegt, uns aber schon vorgelesen wurde, kommt auch alles vor, was momentan in der Kirche irgendwo diskutiert wird. Von mehr Katechismusunterricht bis hin zur Priesterweihe der Frau. Wir, die verschiedenen Ordensgemeinschaften, können froh und dankbar sein, dass alle diese Themen eine Resonanz finden.

DOMRADIO.DE: Welche konkrete Veränderungen erhoffen Sie sich?

Bruder Andreas Murk (Vorsitzender der Deutschen Ordensobernkonferenz)

"Alle unter einen Hut zu bekommen und gemeinsame Lösungen zu finden, das ist ein mühsamer Prozess, der lange dauert."

Murk: Ich habe oft in diesen Tagen Parallelen zu meiner eigenen Ordensgemeinschaft gezogen, weil wir auch international sind. Selbst wenn man sich in Deutschland einig ist, hört man auf internationaler Ebene ganz andere Meinungen und Positionen.

Alle unter einen Hut zu bekommen und gemeinsame Lösungen zu finden, das ist ein mühsamer Prozess, der lange dauert. Ich finde gut, dass der Weg gestartet ist, und ich würde mir erhoffen, dass man an dem Weg dran bleibt und dass alle etwas lernen – auch wir Deutschen.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR