Organisation Care berichtet über zehn "vergessene" humanitäre Krisen

"Stilles Leid" von Millionen Menschen

Über manche Konflikte und damit verbundene Notlagen wird viel berichtet. Andere tauchen in den Medien dagegen kaum auf. Die "vergessenen Krisen" ballen sich vor allem auf einem Kontinent.

Autor/in:
Alexander Riedel
Frau mit Wasserkanister im Sudan / © Paul Jeffrey (KNA)
Frau mit Wasserkanister im Sudan / © Paul Jeffrey ( KNA )

Das Leben von mehr als 132 Millionen Menschen weltweit war der Hilfsorganisation Care zufolge im vergangenen Jahr von Krisen und Katastrophen bedroht. Über die Lage in Syrien und dem Jemen konnten die Menschen hierzulande einiges erfahren. Doch ein Viertel der von humanitären Krisen Betroffenen leide abseits der öffentlichen Wahrnehmung, heißt es in einem neuen Bericht der Organisation. Dafür wurden 1,1 Millionen Onlineartikel in englischer, französischer und deutscher Sprache aus dem vergangenen Jahr ausgewertet. Heraus kam eine Liste von zehn Krisen, über die am wenigsten berichtet wurde - vom Sudan mit 7.424 Artikeln bis zu Haiti mit nur 503. Vor allem afrikanische Länder sind betroffen. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) fasst die Erkenntnisse zusammen:

Platz 10: Sudan - Seit 15 Jahren lebten 5,5 Millionen Sudanesen aufgrund von Konflikten, Armut und klimatischen Veränderungen am Rande des Existenzminimums, heißt es. Eines von sechs Kindern sei unterernährt und eines von 20 Kindern sogar von der schlimmsten und lebensbedrohlichen Form der Unterernährung betroffen. Fast zwei Millionen Sudanesen seien Vertriebene im eigenen Land. Zudem flohen Hunderttausende aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Südsudan über die Grenze.

Platz 9: Zentralafrikanische Republik - Trotz eines Reichtums an natürlichen Ressourcen zähle das Land zu den ärmsten der Welt. Rund 2,9 Millionen Menschen - mehr als 60 Prozent der Bevölkerung - benötigten humanitäre Hilfe. Der seit Jahren schwelende politische Konflikt erschwere den Zugang. Jeder fünfte Zentralafrikaner sei gewaltsam vertrieben worden, jeder achte in ein Nachbarland geflohen. 40 Prozent der Kinder unter fünf Jahren seien unterernährt.

Platz 8: Niger - Wüstenbildung, Nahrungsmangel sowie Flucht und Vertreibung führen dazu, dass das Land den letzten Platz des Human Development Index (Index der menschlichen Entwicklung) belegt. Im Jahr 2018 seien 1,4 Millionen Menschen von Nahrungsknappheit betroffen gewesen, rund 500.000 mehr als im Vorjahr. In den Grenzregionen litten die Menschen unter häufigen Angriffen und Instabilität. Viele Frauen und Mädchen erführen sexualisierte Gewalt.

Platz 7: Äthiopien - In keinem anderen Land hätten Konflikte zuletzt so viele Menschen vertrieben, hieß es. Wiederkehrende Gewalttaten zwangen eine Million Menschen an den Grenzen der Verwaltungszonen Gedeo und West Guji dazu, ihre Heimat zu verlassen. Viele lebten weiterhin in Camps - auch weil ihre Dörfer zerstört seien.

Platz 6: Tschad - Millionen von Menschen in der Tschadseeregion kämpften täglich ums Überleben. Der Welthungerindex listet das Land auf dem zweiten Rang. Der Klimawandel habe dazu beigetragen, dass die Ernten schlechter ausfielen und Lebensmittel knapper wurden. Fast die Hälfte der Bevölkerung leide unter chronischer Unterernährung. In vielen Regionen herrschten weiterhin Gewalt und Unsicherheit. Der Zugang für Helfer bleibe schwierig. Auch der Tschad beherberge Hunderttausende Geflüchtete aus Nachbarländern.

Platz 5: Philippinen - Einer der stärksten tropischen Wirbelstürme des Jahres 2018, der Taifun Mangkhut, traf den Inselstaat. Die Katastrophe habe sich auf 3,8 Millionen Menschen ausgewirkt. Bereits vor dem Taifun habe in der betroffenen Region eine hohe Armutsrate geherrscht. Immer wieder richteten Wirbelstürme Verheerungen an. Das Land sei überdies dem Klimawandel ausgesetzt, hieß es.

Platz 4: Demokratische Republik Kongo - Einen Teufelskreis von Gewalt, Krankheit und Unterernährung machen die Autoren des Berichts im Kongo aus. Aktuell seien rund 12,8 Millionen Menschen von Hunger bedroht. Hinzu komme die ständige Gefahr neuer Epidemien von Cholera oder Ebola. Die politische Lage bleibe unsicher. Auch der Kongo habe Hunderttausende Menschen aus anderen Ländern aufgenommen. Zugleich seien viele aus dem Land geflohen.

Platz 3: Madagaskar - Viele Dürrejahre und die Auswirkungen des Klimaphänomens El Nino haben dem Bericht zufolge Mais-, Maniok- und Reisfelder vertrocknen lassen. Im Süden des Landes sei die Zahl derer, die von Hunger bedroht seien, auf 1,3 Millionen angestiegen. Fast die Hälfte aller Kinder sei unterentwickelt. Zusätzlich erlebte das Land im vergangenen Jahr zwei Tropenstürme, die Zehntausende aus ihrer Heimat vertrieben. Auch Pest- und Masernausbrüche waren ein Problem.

Platz 2: Äthiopien - Das ostafrikanische Land taucht gleich zweimal auf in der Liste: Es ist von vielen Krisen getroffen. Neben den Konflikten sorgten Nahrungsmangel und Hunger für viel Leid. Manche Regionen hätten zu wenig Regen gehabt, andere Überschwemmungen - der Verfall der Böden sei Folge des Klimawandels, hieß es. Wegen geringer Ernten bräuchten rund acht Millionen Menschen dringend Hilfe.

Platz 1: Haiti - Das Land wurde im vergangenen Jahr von einer Ernährungskrise erfasst. Die Hälfte der Bevölkerung ist laut Bericht kontinuierlich von Hunger bedroht, 22 Prozent der Kinder sind chronisch unterernährt. Zu den Gründen zählen Naturkatastrophen, extreme Armut und politische Unruhen. Ein weiteres großes Problem in dem Land ist Cholera.


Quelle:
KNA