Organisationen üben Kritik an Taliban-Forderung zu Frauen

Auswirkungen auf Hilfsprogramme

Die Forderung der Taliban in Afghanistan, Frauen bei der Arbeit von Hilfsorganisationen in dem Land auszuschließen, stößt vielerorts auf scharfe Kritik. Caritas international stellt die Arbeit in Afghanistan vorübergehend ein.

Eine Frau in Landestracht steht zwischen Zelten in einem Flüchtlingscamp für Geflüchtete aus Afghanistan / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Eine Frau in Landestracht steht zwischen Zelten in einem Flüchtlingscamp für Geflüchtete aus Afghanistan / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Diese Reaktion kündigten auch weitere Organisationen an. Auch aus der Politik wurden Verurteilungen laut.

Die Taliban-Regierung, die im August 2021 die Macht wiedererobert hatte, hatte in einem Schreiben an alle nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen verlangt, keine Frauen mehr zu beschäftigen. Kurz zuvor hatten die Taliban Frauen von Hochschulen ausgeschlossen.

Kritik aus der Politik

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte am Wochenende auf Twitter: "Wir werden nicht akzeptieren, dass die Taliban die humanitäre Hilfe zum Spielball ihrer Frauenverachtung machen." Sie raubten damit der Hälfte der Bevölkerung ein weiteres Grundrecht, brächen humanitäre Prinzipien und gefährdeten lebenswichtige Versorgung von Menschen.

Annalena Baerbock / © Kay Nietfeld (dpa)
Annalena Baerbock / © Kay Nietfeld ( dpa )

"Wer Frauen und Mädchen von Arbeit, Bildung und öffentlichem Leben ausschließt, ruiniert nicht nur sein Land. Geschlechtsbezogene Verfolgung kann auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein", so die Außenministerin.

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach am Montag von einem "unverantwortlichen Schlag gegen die Hilfe für das afghanische Volk". Sie kündigte an, dass angesichts der Lage nun über die weitere Unterstützung beratschlagt werde müsse. Schulze sprach sich dafür aus, die aktuelle Unterstützung, "die wir mit anderen leisten", zunächst zu suspendieren.

Das Ministerium werde mit der Weltbank zu einem Treffen des Afghanistan Reconstruction Trust Fund einladen, kündigte Schulze an.

Dabei solle beraten werden, ob und wie in der von den Taliban geschaffenen Lage die Unterstützung für die Menschen in Afghanistan fortgeführt werden kann.

Die Hilfsorganisationen Care, Save The Children und die Norwegische Flüchtlingshilfe teilten in einer gemeinsamen Erklärung mit, sie könnten Notleidende in Afghanistan nicht ohne die Hilfe ihrer Mitarbeiterinnen erreichen.

Die Anweisung der Taliban werde nicht nur lebensrettende Hilfen für Tausende Menschen unmöglich machen, sondern auch Arbeitsplätze in einer Gesellschaft in einer großen wirtschaftliche Krise gefährden.

Hilfsbedürftige von Basisleistungen abgeschottet

Die Hilfsorganisationen kündigten an, ihre Programme vorläufig zu stoppen, bis Klarheit über die Forderungen bestehe.

Der Leiter von Caritas international in Kabul, Stefan Recker, sagte dem WDR, dass auch die Caritas ihre Arbeit vorübergehend einstelle. Es sei für Nichtregierungsorganisationen ein "riesengroßes Dilemma": Tausende Hilfsbedürftige seien erst einmal von Basisleistungen abgeschottet. Man müsse aber jetzt "dringend" eine Botschaft senden.

Lage der Frauen in Afghanistan verschlechtert sich weiter / © Ebrahim Noroozi (dpa)
Lage der Frauen in Afghanistan verschlechtert sich weiter / © Ebrahim Noroozi ( dpa )

Die Welthungerhilfe betonte, ohne weibliche Helfer könnten Frauen und Mädchen in Afghanistan nicht mehr angemessen versorgt werden. "Es ist wichtig, dass die internationale Gemeinschaft mit den Vereinten Nationen jetzt mit einer Stimme spricht und alles unternimmt, damit in Verhandlungen das Verbot zurückgenommen wird", so Generalsekretär Mathias Mogge.

Die Welthungerhilfe verwies auf eine Forderung des Dachverbandes der in Afghanistan tätigen Nichtregierungsorganisationen, die Anordnung zurückzunehmen. 183 lokale und internationale Organisationen hätten unterschrieben. Sie beschäftigten mehr als 55.000 Mitarbeitende in Afghanistan, 28 Prozent davon seien weiblich.

Auch die "Aktion gegen den Hunger" kündigte an, als Reaktion vorübergehend alle Aktivitäten auszusetzen - mit Ausnahme lebenswichtiger medizinischer Maßnahmen für Kinder.

Katholische Kirche in Afghanistan

Die offizielle Präsenz der katholischen Kirche in Afghanistan geht auf das Jahr 1921 zurück und ist eng mit der italienischen Botschaft in der Hauptstadt Kabul verknüpft. In einem "Abkommen zwischen Italien und Afghanistan über den Austausch ständiger diplomatischer Vertretungen" gewährte Afghanistans Herrscher Ghazi Amanullah Khan (1892-1960) die Entsendung eines katholischen Kaplans in die italienische Gesandtschaft in Kabul.

 (DR)
Quelle:
KNA