DOMRADIO.DE: Die Initiative #OutInChurch hat eine Änderung des Arbeitsrechts gefordert. Die Initiative will, dass "ein Leben entsprechend der eigenen sexuellen Orientierung und der geschlechtlichen Identität nicht zur Kündigung führe". Ist das jetzt erfüllt worden oder nicht?
Rainer Teuber (Mitorganisator von #OutInChurch): Ich würde es gerne etwas differenziert betrachten. Positiv ist an der jetzt vorgelegten Grundordnung, dass ein Paradigmenwechsel erkennbar ist. Dass die strengen Anforderungen an die Loyalität, die bis weit in die persönliche Lebens- und Beziehungsgestaltung hineinreichten, entfallen, und dass Vielfalt jetzt endlich auch innerhalb der katholischen Kirche als Bereicherung begriffen werden soll.
Diskriminierung soll also keinen Platz mehr haben in den Arbeitsverhältnissen. Insofern sind wir da sehr zufrieden. Es ist eine deutliche Akzentverschiebung erkennbar. Aber gleichwohl stoßen wir uns an dem Begriff der sexuellen Identität, der aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, dem AGG, übernommen worden ist. In der ursprünglichen Gesetzesbegründung zum AGG, war unter dem Begriff sexuelle Identität auch noch Trans- und Intergeschlechtlichkeit gefasst. Aber inzwischen versteht man, gemäß der Rechtsprechung des EuGH, darunter die sexuelle Orientierung als Teil des Selbstverständnisses einer Person. Trans- und Intergeschlechtlichkeit fallen in die Kategorie Geschlecht. Und da hätten wir uns eindeutig eine Differenzierung gewünscht, weil wir da nach wie vor Unsicherheiten sehen.
DOMRADIO.DE: Welche Menschen werden Ihrer Meinung nach noch nicht berücksichtigt?
Teuber: Alle Menschen, die sich als als transgender, als non-binär, als agender, also als nicht den traditionellen Kategorien Mann oder Frau zugehörig, definieren.
DOMRADIO.DE: Eine kirchen feindliche Betätigung, so heißt es, kann immer noch zur Kündigung führen. Was bedeutet das für Sie? Wer zur OutinChurch gehört und das jetzt auch öffentlich macht, muss immer noch Angst haben?
Teuber: Das ist eine gute Frage. Das ist ein Punkt, an dem für uns Unsicherheiten bleiben. Wir als OutInChurch fordern neben der Änderung des Arbeitsrechts auch eine Änderung der römisch-katholischen Lehre im Hinblick auf Anerkennung von non binären, von trans, von agender Menschen. Und da stellt sich jetzt die große Frage: Ist das als kirchenfeindliches Verhalten, bzw als kirchenfeindliche Betätigung, wie es jetzt in dem neuen in der neuen Grundordnung heißen wird, zu werten? Man kann man auch die Frage stellen, ob das Engagement bei Maria 2.0 oder bei anderen Reforminitiativen darunter fällt.
DOMRADIO.DE: Jetzt muss man aber trotzdem noch mal sagen Homosexualität wird jetzt von der Kirche anerkannt, ist bei Mitarbeitenden erlaubt. Das hätte vor zehn Jahren wahrscheinlich niemand von der Kirche erwartet. Jetzt könnte man sagen: "Gebt euch doch mal mit dem zufrieden, was ihr erreicht habt." Das ist doch schon mal was, oder?
Teuber: Das, was erreicht worden ist, ist nicht nichts. Aber das ist kein Grund zur Dankbarkeit, auch wenn jetzt von einer Revolution des Arbeitsrechts gesprochen wird. Das mag für den kirchlichen Kontext so sein, aber wenn wir mal ehrlich sind, dann kommen wir mit dem neuen Arbeitsrecht, mit der neuen Grundordnung gerade erst im 21. Jahrhundert an.
Insofern besteht da für Dankbarkeit überhaupt kein Anlass. Wir sind noch lange nicht am Ende mit unserem Forderungskatalog. OutInChurch hat sieben Grundforderungen aufgestellt. Jetzt sind wir, zumindest bei der Neuformulierung der Grundordnung, einen Schritt weiter. Aber wir haben noch weitere Punkte auf der Agenda. Wir werden also als Initiative so schnell sicherlich auch nicht arbeitslos. Also, der Weg ist noch ein langer.
Das Interview führte Tobias Fricke.