DOMRADIO.DE: Am Montag hatte der Vatikan entschieden, unter gewissen Umständen eine Segnung für sich liebende homosexuelle Paare sowie geschiedene Wiederverheiratete zu erlauben. Fällt da jetzt eine Festung?
Pfarrer Bernd Mönkebüscher (Priester, Initiator von "OutInChurch"): Das wird die Zukunft zeigen. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Kirche mit diesem Thema "Segen für queere Menschen, Segen für geschiedene wiederverheiratete Menschen" noch nicht fertig ist und weiter daran arbeitet.
DOMRADIO.DE: Das Dokument des Vatikans enthält schwer verständliche Vorgaben: Die Segnung homosexueller Paare sei zwar erlaubt, aber nicht im Rahmen eines Gottesdienstes. Wenn man gemeinsam betet und einen Segen ausspricht, dann ist das doch schon Gottesdienst, oder?
Mönkebüscher: Ja, natürlich. Das Dokument bemüht sich um Abgrenzungen. Man muss natürlich den Kontext sehen: Vor zwei Jahren gab es das absolute Nein aus Rom zu jedweden Segnungsfeiern für queere oder mit queeren Menschen. Man kann aus römischer Sicht nicht sagen, wir korrigieren das, sondern man versucht jetzt mit Kenntnisnahme dieses Neins vor zwei Jahren trotzdem irgendwie ein Loch in eine Mauer zu bohren. Dann wird eine Unterscheidung getroffen zwischen dem Segen, wie eine Mutter ihr Kind segnet oder Segen in einer Liturgiefeier. Und der Segen in einer Liturgiefeier ist eben nicht gemeint.
DOMRADIO.DE: Das heißt also – auch die gültige Lehre der Kirche ändert sich mit diesem Dokument nicht?
Mönkebüscher: Richtig, die gültige Lehre ändert sich nicht. Es wird nach wie vor, und das empfinde ich ehrlich gesagt als eine Klatsche, von irregulären Beziehungen gesprochen, bei queeren Menschen, bei wiederverheiratet Geschiedenen.
Also man bleibt in der Lehre und versucht innerhalb dessen so weit wie möglich, um "an den Rand zu gehen", wie der Papst sagen würde, sie mitzunehmen. Weil die Kirche ja offen für alle ist. Aber kaum ist man den Schritt über die Kirchen-Türschwelle gegangen, kommen eben die Abgrenzungen, die Unterscheidungen und die Diskriminierung.
DOMRADIO.DE: Also das heißt, es ist Ihrer Meinung nach ein inkonsequenter Schritt. Warum geht der Papst ihn denn dann überhaupt?
Mönkebüscher: Ich glaube, dass der Papst ihn geht, denn es gab ja gerade den ersten Teil der Weltsynode in Rom. Es muss wohl offensichtlich geworden sein, dass sich diese Fragen nicht nur im deutschsprachigen Raum stellen, sondern dass sie stärker aufkommen. Ich glaube, der Papst selbst würde vielleicht sogar noch einen Schritt weitergehen.
Man muss den weltkirchlichen Kontext berücksichtigen. Während wir hier sagen, das ist viel zu wenig, werden Katholikinnen und Katholiken in den USA, in Lateinamerika, in anderen Kontinenten sagen: Das geht gar nicht!
Wenn man auf einschlägigen Portalen schaut, was dort für Formulierungen fallen, sieht man die andere Seite an Reaktionen.
DOMRADIO.DE: Das heißt, der Papst kann da jetzt auch unter Druck geraten und rudert vielleicht wieder zurück?
Mönkebüscher: Ich glaube, der Papst ist ständig nur unter Druck und beim Zurückrudern. Das Zurückrudern erfolgte ja meist bei den "fliegenden Pressekonferenzen".
Bei diesen Dokumenten bin ich mir nicht sicher, was da ein Zurückrudern sein soll, denn ehrlich gesagt ist er ja gar nicht so weit nach vorne gerudert.
DOMRADIO.DE: Es hat etwas von "einerseits ja, dann aber doch wieder nicht". Sie als Pfarrer stehen vor Ihrer Gemeinde. Wie können Sie das den Menschen noch vermitteln?
Mönkebüscher: Überhaupt nicht. Wir leben eine andere Praxis. Natürlich gibt es Segnungsfeiern von queeren Menschen, von wiederverheiratet geschiedenen Menschen im Gottesdienst. Wir achten darauf, dass es nicht mit einer Ehe verwechselt werden kann.
Andererseits – wer in die Richtung denken will und etwas sucht, der findet auch. Also wie will ich eigentlich eine Segensfeier für queere Menschen so deutlich von Ehe abgrenzen? Am Ende darf das Paar noch nicht mal mehr nebeneinandersitzen, das kann es ja nicht sein.
Also die Praxis vor Ort ist in vielen Gemeinden eine andere. Und von daher besteht eigentlich gar kein Bedarf, diese Entscheidung vom Montag zu erklären.
Das Interview führte Verena Tröster.