Oxfam-Vorsitzende kündigt Rücktritt an - EU-Kommission droht mit Entzug von Hilfsgeldern

Hilfsorganisation nach Berichten über Sexpartys unter Druck

Zwar geht es nur um einige wenige schwarze Schafe. Doch sie könnten Oxfam nachhaltig geschadet haben. Der Ruf der Hilfsorganisation ist durch einen Sex-Skandal in Haiti angeknackst.

Mitarbeiter der Hilfsorganisation Oxfam sollen Sexorgien mit Prostituierten veranstaltet haben / © Nick Ansell/PA Wire (dpa)
Mitarbeiter der Hilfsorganisation Oxfam sollen Sexorgien mit Prostituierten veranstaltet haben / © Nick Ansell/PA Wire ( dpa )

Nach Vorwürfen wegen Sex-Partys einiger Mitarbeiter in Haiti steht die britische Hilfsorganisation Oxfam zunehmend unter Druck. Oxfam habe Warnungen ignoriert, meldete die Londoner "Times" am Montag, die zum Wochenende zuerst über den Skandal berichtet hatte. Demnach sollen einige wenige der 230 Oxfam-Helfer beim Einsatz nach dem Erdbeben von 2010 Partys mit Prostituierten veranstaltet und Frauen sexuell ausgebeutet haben.

Oxfam-Vorstandsvorsitzende Lawrence hat Rücktritt angekündigt

Unterdessen hat die britische stellvertretende Oxfam-Vorstandsvorsitzende Penny Lawrence ihren Rücktritt angekündigt. Als Programmdirektorin zu dieser Zeit sei sie "beschämt, dass dies unter ihrer Aufsicht passiert sei". Sie übernehme für die Vorgänge die volle Verantwortung, heißt es in einer am Montag in London veröffentlichten Stellungnahme. Bei zwei der beteiligten Mitarbeiter habe die Hilfsorganisation Hinweise auf Fehlverhalten bei einem früheren Einsatz im Tschad gehabt, sie aber dennoch nach Haiti entsandt, berichtete die "Times". Darunter sei auch der Landesdirektor für Haiti gewesen. Dieser sei zwar zusammen mit einer Handvoll weiteren Mitarbeitern nach einer internen Untersuchung 2011 entlassen worden, der Skandal sei aber unter den Teppich gekehrt worden.

Untersuchung eingeleitet

"Was in Haiti geschehen ist, war inakzeptabel und ein gravierender Verstoß gegen Oxfams Verhaltenskodex", erklärte Oxfam. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorfälle sei aber eine Untersuchung eingeleitet worden, betonte die Organisation. Die betreffenden Mitarbeiter seien entlassen worden oder seien ihrer Entlassung durch Kündigung zuvorgekommen. Oxfam sei damals auch mit zwei Pressemitteilungen über die Untersuchung an die Öffentlichkeit getreten, hieß es. "Glaubwürdigkeit ist Oxfams höchstes Gut." Details wurden in den Berichten aber offenbar nicht genannt.

Neue Berichte über sexuelle Ausbeutung

Die Reaktion auf die Vorfälle in Haiti habe allerdings nicht den Standards entsprochen, die die Organisation heute habe, räumte Oxfam ein. Angesichts neuer Berichte über sexuelle Ausbeutung im Tschad zeigte sich die Hilfsorganisation geschockt. Derzeit könnten die Vorwürfe nicht bestätigt werden, Oxfam bemühe sich mit Nachdruck um Aufklärung. Die Berichte zeigten aber "unakzeptables Verhalten einiger weniger Leute und die Notwendigkeit, das Problem über den ganzen Sektor hinweg anzupacken".

Auch Mitarbeiter anderer Organisationen und UN-Blauhelme sind wiederholt sexueller Übergriffe beschuldigt worden. Die britische Entwicklungsministerin Penny Mordaunt warf Oxfam laut dem Sender BBC Versagen in Bezug auf die "moralische Führung" vor. Sie nannte die Vorkommnisse "einen absoluten Verrat" an den Haitianern und drohte mit einem Entzug der Regierungszuwendungen.

EU-Kommission will, wenn nötig, Unterstützung einstellen

Kritisch äußerte sich auch die EU-Kommission. "Wir erwarten, dass Oxfam die Vorwürfe mit maximaler Transparenz und schnellstens aufklärt", sagte eine Sprecherin am Montag in Brüssel. "Wir sind bereit, die Unterstützung für jeden Partner zu überprüfen und, wenn nötig, einzustellen, der nicht den erforderlichen hohen ethischen Standards entspricht." Für die Arbeit auf Haiti habe Oxfam Großbritannien 2011 aus dem EU-Budget für humanitäre Hilfe 1,7 Millionen Euro erhalten, erklärte die Kommissionssprecherin weiter. Die EU unterstützt im Bereich humanitäre Hilfe und Entwicklung zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die damit die konkrete Hilfe vor Ort organisieren.

 


Quelle:
epd , dpa