Päpstliche China-Politik in der Mongolei

Harmonie auf Umwegen?

Mit seinem Besuch in der Mongolei wollte Papst Franziskus die kleine katholische Gemeinschaft des Landes stärken. Bei der Reisewahl spielte offenbar auch die geografische Lage des Staates eine Rolle. Er sendete Signale Richtung China.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Papst Franziskus steht mit Kardinal John Tong Hon (l.), emeritierter Bischof von Hong Kong, und Stephen Chow Sau-yan, Bischof von Hong Kong, am Altar bei einem Gottesdienst / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus steht mit Kardinal John Tong Hon (l.), emeritierter Bischof von Hong Kong, und Stephen Chow Sau-yan, Bischof von Hong Kong, am Altar bei einem Gottesdienst / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Gleich zu Beginn der Reise des Papstes stand nicht das Ziel, sondern der große Nachbar im Mittelpunkt. Auf seinem Weg in die Mongolei überflog Papst Franziskus einen kleinen Teil chinesischen Luftraums. Wie in solchen Fällen üblich, schickte das katholische Kirchenoberhaupt dem Staatspräsidenten ein Grußtelegramm. Er sicherte Xi Jinping seine Gebete für das Wohlergehen der Nation zu und erbat für alle den "göttlichen Segen von Einheit und Frieden".

Als sich sein Flugzeug im chinesischen Luftraum befand, schickte Papst Franziskus ein Grußtelegramm an den Staatspräsidenten Chinas / © Alberto Pizzoli (dpa)
Als sich sein Flugzeug im chinesischen Luftraum befand, schickte Papst Franziskus ein Grußtelegramm an den Staatspräsidenten Chinas / © Alberto Pizzoli ( dpa )

Während das Papst-Flugzeug über chinesisches Territorium fliegen durfte, verbot Peking Katholiken vom Festland die Ausreise Richtung Nachbarland Mongolei. Weder Bischöfe noch Gläubige sollten an Franziskus' Besuch teilnehmen.

China für konstruktiven Dialog mit Vatikan

Auf das Telegramm reagierte China indes positiv. Der konstruktive Dialog mit dem Vatikan solle weitergeführt, das Verständnis verbessert, gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Daran arbeitet der Vatikan bereits seit Jahren - auch um die Situation der Katholiken in der Volksrepublik zu verbessern. Bislang mit mäßigem Erfolg, diplomatische Beziehungen gibt es nicht.

Mit Zügen, Flugzeugen und falschen Angaben reisten dennoch einige chinesische Katholiken zum Papst in die Mongolei. Um dem Überwachungssystem durch Gesichtserkennung in der Heimat zu entgehen, trugen die meisten der etwa 100 Chinesen Gesichtsmasken und Sonnenbrillen. Lediglich Fahnen machten den Papst auf ihre Anwesenheit aufmerksam.

Papst spricht chinesische Bevölkerung direkt an

Der überraschte mit einer direkten Ansprache an die chinesische Bevölkerung. Nach der Sonntagsmesse in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator holte er einen früheren und den aktuellen Bischof von Hongkong an den Altar. Er wolle die Anwesenheit von Kardinal John Tong Hon und Bischof Stephen Chow Sau-yan nutzen, "um dem edlen chinesischen Volk einen herzlichen Gruß zu schicken". Er wünsche dem ganzen Volk das Beste, dass es immer vorwärtsgehe. "Und ich bitte die chinesischen Katholiken, gute Christen und gute Staatsbürger zu sein", so der Appell von Franziskus.

Feiernde Menschen begrüßen den Papst in Ulan Bator, Mongolei / © Lola Gomez (KNA)
Feiernde Menschen begrüßen den Papst in Ulan Bator, Mongolei / © Lola Gomez ( KNA )

Zuvor konnten die Ansprachen des Kirchenoberhaupts eher als subtile Andeutungen in Richtung China gedeutet werden. Immer wieder bediente sich der Papst des von der chinesischen Politik gerne genutzten Begriffs der "Harmonie".

Eine Lanze brach er für Katholiken wie für den Gastgeber Mongolei. Franziskus führte das jahrzehntelang sozialistisch regierte Land als eine Art Vorbild an: etwa beim Einsatz für Frieden, bei der Abschaffung der Todesstrafe, der Ablehnung von Atomwaffen, bei der freien Religionsausübung.

Franziskus ruft zum Ende von Kriegen auf

Den anderen Nachbarn Russland erwähnte der Papst bei der Reise nicht direkt, er rief aber zu einem Ende von Kriegen und Konflikten auf. Bei der Abschlussmesse war es ausgerechnet die auf Russisch vorgetragene Fürbitte, in der um die Weisheit des Himmels für Regierende gebetet wurde. Sie sollten sich um das Gemeinwohl kümmern, Parteiinteressen überwinden und sich für Frieden unter den Völkern und den Klimaschutz einsetzen.

Beim Aufenthalt in der Mongolei mit gerade einmal 1.400 Katholiken wollte Franziskus auch Bedenken gegenüber der katholischen Kirche und ihrer Mission ausräumen. Er betonte, die Kirche habe keine politische Agenda, und hob ihren festen Glauben an ökumenischen, interreligiösen und kulturellen Dialog sowie ihr soziales Engagement hervor. Wie zum Beweis weihte er zum Reiseabschluss am Montag ein katholisches Sozialzentrum ein.

Erster Papstbesuch in der Mongolei

Am Montagabend trifft Franziskus wieder in Rom ein. Als erster Papst überhaupt besuchte er die Mongolei, wo er ein vergleichsweise kleines Programm absolvierte. Trotzdem wirkte der 86-Jährige bei den Terminen häufig erschöpft, seine Stimme hatte wenig Kraft. Es war nach Portugal die zweite Reise innerhalb eines Monats. Ende September ist ein Besuch im französischen Marseille geplant.

Papst Franziskus kommt zu einem Treffen mit religiösen Führern in der Mongolei / © Louise Delmotte (dpa)
Papst Franziskus kommt zu einem Treffen mit religiösen Führern in der Mongolei / © Louise Delmotte ( dpa )

Ob seine Worte in China etwas bewirken konnten, wird sich möglicherweise bald zeigen. Sein Friedensvermittler im Ukraine-Krieg, Kardinal Matteo Zuppi, plant eine Reise nach Peking. Mit dem argentinischen Botschafter in Chinas Hauptstadt tauschte sich Franziskus in der Mongolei aus. Schon auf dem Hinflug sagte der Papst, man könne sich nicht vorstellen, wie schwer Diplomatie sei.

Katholische Kirche und Religion in der Mongolei

Die katholische Kirche in der Mongolei ist eine der kleinsten und jüngsten der Welt. Nicht einmal 1.500 Menschen gehören der Glaubensgemeinschaft an. So gibt es auch keine Bistümer und keine landeseigene Bischofskonferenz - dafür aber seit 2022 einen Kardinal. Der Italiener Giorgio Marengo leitet die 2020 eingerichtete Apostolische Präfektur Ulan Bator; einen kirchlichen Verwaltungsbezirk, der die Vorstufe eines Bistums bildet.

Papst Franziskus und Ukhnaagiin Khürelsükh, Präsident der Mongolei, bei der offiziellen Begrüßungsfeier am 2. September 2023 auf dem Süchbaatar-Platz in Ulan Bator in der Mongolei / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Papst Franziskus und Ukhnaagiin Khürelsükh, Präsident der Mongolei, bei der offiziellen Begrüßungsfeier am 2. September 2023 auf dem Süchbaatar-Platz in Ulan Bator in der Mongolei / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )
Quelle:
KNA