Sie sollte ein beispielloser "historischer Meilenstein" der ökumenischen Bewegung im Vereinigten Königreich sein. Doch die vollmundig angekündigte "Columba-Vereinbarung" zwischen der anglikanischen Kirche von England und der presbyterianischen Kirche von Schottland stiftet nun Unfrieden zwischen britischen Christen. Und das, obwohl sie noch gar nicht in Kraft getreten ist.
In einer Presseerklärung an Weihnachten hatten Vertreter der beiden Kirchen den nach einem irischen Missionar benannten 15-seitigen Kontrakt veröffentlicht. Mehr als fünf Jahre gemeinsamer Beratungen seien notwendig gewesen, um sich auf den Text zu einigen, teilten der schottische Pastor John McPake und der Bischof von Chester, Peter Forster, mit. Das Resultat klingt in der Tat fortschrittlich: Die beiden Kirchen sollen "zusammenwachsen" und ihre "Partnerschaft stärken", so der Wortlaut. Konkret bedeutet das etwa, dass es Gläubigen künftig möglich sein soll, Gottesdienste der jeweils anderen Kirche mitzufeiern. Dies würde Millionen Gläubige in Großbritannien betreffen.
Die anglikanische Kirche entstand zur Zeit der Reformation in England. König Heinrich VIII. brach 1533 mit dem Papst, weil dieser sich weigerte, die Ehe des Königs zu annullieren. Als Oberhaupt einer neuen Staatskirche setzte sich Heinrich VIII. im Jahr 1534 selbst ein. Weltweit gehören der anglikanischen Kirche nach eigenen Angaben etwa 85 Millionen Mitglieder an. Die presbyterianische Kirche von Schottland, die ebenfalls während der Reformation entstand, ist die dortige Nationalkirche. Zu ihr gehören etwa 40 Prozent der 5,3 Millionen Schotten.
Schottische Episkopalkirche gegen die Vereinbarung
Eine Mitgliedskirche der anglikanischen Gemeinschaft stellt sich nun allerdings vehement gegen die Vereinbarung, die in den kommenden Monaten von den zuständigen Gremien verabschiedet werden soll: die schottische Episkopalkirche. Obwohl ihre Mitgliederzahl nur bei rund 40.000 liegt, könnte sie den gesamten Pakt zunichtemachen. Der schottische Primas und eifrige Blogger David Chillingworth gibt sich derzeit alle Mühe, die "Columba-Erklärung" verbal zu torpedieren.
Obwohl der 64-jährige Geistliche selbst an den Beratungen beteiligt war, fühlt er sich übergangen und fordert einen neuen Entwurf. Die jetzige Erklärung habe "tiefen Schmerz" verursacht. Und die guten Beziehungen zur Kirche von England könnten "ernsten Schaden nehmen".
Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und Bischofsweihe für Frauen
Die schottische Episkopalkirche ist seit jeher für Sonderwege bekannt: Im 17. Jahrhundert spaltete sie sich von der Kirche von Schottland ab und blieb im Gegensatz zu den Presbyterianern dem Prinzip des Episkopalismus (Leitung durch Bischöfe) treu. In jüngerer Zeit erregten Schottlands Anglikaner mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und der Bischofsweihe für Frauen einige Aufmerksamkeit.
Dass die "Columba-Erklärung" Primas Chillingworth Unbehagen bereitet, hat vor allem einen Grund: die anglikanische Schwesterkirche in England ruft ihre Mitglieder darin ausdrücklich auf, Gottesdienste der Presbyterianer in Schottland zu besuchen. "Der schottische Partner der englisch-anglikanischen Gemeinschaft sind aber wir", lautet der nicht unberechtigte Einwand des Kirchenführers. Die Gläubigen sollten doch besser "ihre eigene Entscheidung treffen".
Verbale Spitzen zeigen Wirkung
Chillingworth fürchtet zudem, dass die Engländer Geistliche zum Dienst in Schottland entsenden könnten - ohne Beteiligung der Episkopalkirche. In seinen Augen wäre das ein gravierender Verstoß gegen "ökumenische Etikette".
Die verbalen Spitzen des Primas verfehlen ihre Wirkung nicht. Seit Tagen sorgt er in den britischen Medien mit seiner Kritik am Kirchenpakt für Schlagzeilen. Die Kirche von Schottland sah sich genötigt, mit einer beschwichtigenden Pressemitteilung zu reagieren: Man wolle eine gemeinsame "Kontaktgruppe" einrichten, "um die verschiedenen Aktivitäten zu koordinieren, die unsere reichen Beziehungen ausmachen". Gelingt das nicht, könnte die "Columba-Erklärung" der Ökumene am Ende mehr schaden als nützen.