Der Legende nach hat Palestrina die Kirchenmusik durch seine Kompositionsweise gerettet. Sein Name leitet sich aus seiner Geburtsstadt - Palestrina – ab. Das ist ein Örtchen in den Sabiner Bergen nahe Rom.
Da Giovanni Palestrina in seiner Chormusik Mehrstimmigkeit mit guter Textverständlichkeit vereinbaren konnte, gilt er als Retter des polyphonen Chorgesangs, der seiner Zeit vom Bannstrahl des Papstes bedroht schien.
Denn allzu viele Komponisten schrieben in dieser Zeit zwar sehr kunstvolle Werke – doch die Textverständlichkeit der Messvertonungen blieb dabei oft auf der Strecke.
Das wichtigste Werk von Palestrina war dessen "Missa Papae Marcelli". Sie ist Papst Marcellus II. gewidmet, der 1555 nur 22 Tage regierte.
Auch Marcellus vertrat damals die Auffassung vieler Kirchenmänner, dass die Vertonungen der Messteile bei vielen Komponisten zu verspielt und zu weltlich seien. Auf dem in dieser Zeit tagenden Konzil von Trient wurde tatsächlich von den Kardinalen über die Zukunft der Kirchenmusik diskutiert, der einsame Retter der Mehrstimmigkeit ist aber Palestrina nicht, obwohl dies durch Legenden immer wieder behauptet wird. Gleichwohl galt seine "Missa Papae Marcelli" als positives Beispiel einer Chormusik, die sich ganz in den Dienst der Liturgie und des geistlichen Textes stellt.
Vorbild, aber kein alleiniger Retter
So gilt seine "Missa Papae Marcelli" seit Jahrhunderten als ideale Verbindung von Polyphonie und Textverständlichkeit. Genau das hatte den Konzilsvätern bei anderen Kompositionen gefehlt. Denn durch die Verwendung von Koloraturen und weltlichen Melodien sahen viele Theologen die Ernsthaftigkeit der musikalischen Ausgestaltung der Messe gefährdet.
Palestrinas klarer und schnörkelloser Stil wurde in den Augen der Kirche zum Vorbild für eine mehrstimmige und dennoch textverständliche Kirchenmusik - bis heute erklingen im Petersdom regelmäßig seine Werke, so zum Beispiel die Motette "Tu es Petrus", wenn der Papst einen Gottesdienst feiert.
Der Päpstliche Chor der Sixtinischen Kapelle singt seine Werke besonders oft, aber auch in Deutschland und anderen Ländern erklingen im Gottesdienst diverse Werke des römischen Kapellmeister, der ironischer Weise aus dem Päpstlichen Chor der Sixtinischen Kapelle nach einer Reform ausgeschlossen wurde, weil ab da nur noch Kleriker in diesem Chor singen durften - Palestrina aber war verheiratet und wurde dennoch zum wichtigsten römischen Komponisten.
Klarer Stil ohne Schnörkel
Bei seinen Werken greift Palestrina auf ein strenges Regelwerk zurück, dass auf ein behutsames Verwenden von Dissonanzen zugunsten des Dreiklangs setzt.
Besondere Schönheit erzielt Palestrina durch einen vollen Chorklang, den der Komponist durch die Teilung einzelner Stimmgruppen erreicht. In der "Missa Papae Marcelli" werden jeweils der Bass und der Tenor in zwei Gruppen unterteilt, Mit den beiden hohen Stimmen (Altus und Cantus) entsteht so ein sechsstimmiger Chorklang.
Durch diese meisterhafte Beherrschung der polyphonen Satztechnik erreichte Palestrina den Höhepunkt in der Komposition der franko-flämischen Schule. Seine Musik wirkte sich auf ganze Musikergenerationen der folgenden Jahrhunderte aus und wurde durch Lehrbücher wie "Gradus ad Parnassum" vermittelt.
Einfluss auf Komponisten wie Beethoven
Auch Ludwig van Beethoven hat durch dieses Buch den Kontrapunkt Palestrinas studiert. In seiner groß angelegten Missa solemnis trifft man immer wieder auf den Einfluss Palestrinas. Auch nach Beethoven gab es ein verstärktes Interesse an dem italienischen Komponisten, den man aufgrund seiner Rolle beim Trienter Konzil als "Retter der Kirchenmusik" bezeichnete – auch wenn das übertrieben ist.
Am Sonntagabend erklingt im Radioprogramm ab 20 Uhr von Palestrina seine "Missa Papae Marcelli"