Franziskus setzte fort: "Möge Gott es in uns lebendig halten; denn es befreit uns von der Versuchung, dass wir uns 'allem gewachsen' fühlen, dass wir uns in einer falschen Sicherheit wiegen." Der Gottesdienst für die am Samstag neu ins Kollegium aufgenommenen Kardinäle bildete zugleich den Abschluss mehrtägiger Kardinalsberatungen.
Sie sollten nicht annehmen, so Franziskus weiter, dass die heutige Wirklichkeit anders sei als das zweifelnde Staunen der Jünger vor 2.000 Jahren; dass die Kirche heute "groß und solide dasteht und dass wir in den höchsten Rängen ihrer Hierarchie stehen". Daran sei etwas Wahres, aber auch viel Täuschung, mahnte der Papst.
Das Evangelium ernsthaft verkündigen
Entscheidend sei, den Verkündigungsauftrag ernst zu nehmen - voller "Dankbarkeit in Anerkennung des Wirkens Gottes". Denn auch heute wecke das Wort Gottes "in uns ein Staunen darüber, dass wir in der Kirche sind, dass wir Kirche sind", bekräftigte Franziskus. Das mache die Gemeinschaft der Gläubigen anziehend.
Das Staunen werde mit wachsender Verantwortung in der Kirche nicht kleiner, sondern stärker und tiefer. Er sei sicher, dass das auch für die neu aufgenommenen Kardinäle gelte; und er hoffe, so der Papst, dass alle durch die Kardinalsversammlung in ihrem Verkündigungsauftrag gestärkt seien.
Ungewöhnliches Konsistorium
Nach der Erhebung von 20 Kardinälen am Samstag hatte der päpstliche Senat seit Montag über die Kurienreform "Praedicate Evangelium" beraten. Vorrangig wurden die Beratungen in kleineren Sprachgruppen unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Franziskus war den Angaben nach jeweils zu den Zusammenfassungen der Ergebnisse anwesend, ließ die Würdenträger aber ansonsten unter sich. Deren Angaben zufolge war die Stimmung "harmonisch" und "friedvoll".
Inhaltlich wurde nach Angaben von Teilnehmern vor allem über die Frage debattiert, welche Leitungsämter künftig nicht geweihte Männer und Frauen im Vatikan ausüben können. Diese Neuerung stellt eine der tiefstgreifenden Reformen in der Neuorganisation der sogenannten Römischen Kurie dar. Papst Franziskus hat mit ihr einen Auftrag umgesetzt, den 2013 die Kardinalsversammlung vor der Papstwahl nach Pannen und Skandalen im Vatikan als dringende Forderung formuliert hatte.