"Und sie bewegt sich doch" - dieser Galilei zugeschriebene, tatsächlich von ihm nie gesagte Satz lässt sich auf die Kirche anwenden. Papst Franziskus geht es seit Beginn seines Pontifikats darum, die Kirche in Bewegung zu bringen, und zwar in Richtung einer Bekehrung und Erneuerung. In diesem Sinn forderte er die jungen Menschen auf dem Weltjugendtag in Rio de Janeiro 2013 auf: "Hagan lio - sorgt für Unruhe". Man könnte auch übersetzen: "Mischt die Kirche auf!"
Auf dem Weltjugendtag stellte der Papst zudem klar, dass die größte Gefahr für die Kirche darin bestehe, in einer "Kultur des immer Gleichen" zu verharren und damit die Kraft des Heiligen Geistes auszulöschen. Dass der Heilige Geist in der Kirche trotz all ihrer Skandale und Grenzen wirkt, ist eine Frage des Glaubens. Herauszufinden, wohin der Heilige Geist die Kirche heute führen will, ist das zentrale Anliegen der Weltsynode, deren erste Generalversammlung im Oktober in Rom zusammentritt.
Gott kommuniziert mit den Menschen
Vorausgegangen ist ihr bereits seit 2021 ein mehrjähriger weltweiter synodaler Prozess auf allen Ebenen der Kirche: angefangen von den einzelnen Gläubigen über die Pfarreien, Diözesen, Bischofskonferenzen und kontinentalen kirchlichen Gremien.
Eine wichtige Methode für derartige Prozesse ist die geistliche Unterscheidung. Diese ist ein zentrales Element der ignatianischen Spiritualität, die in den geistlichen Übungen, den Exerzitien verwurzelt ist. Dabei wird vorausgesetzt, dass Gott mit den Menschen kommuniziert, mit ihnen in einer Beziehung steht, ihnen seinen Willen zeigt. Deshalb lautet eine Kurzformel ignatianischer Spiritualität: den Willen Gottes suchen und finden.
Kunst der Unterscheidung
Im Prozess der Exerzitien zeigt sich der Wille Gottes auf der persönlichen Ebene in den inneren Regungen und Bewegungen, den "mociones". Doch es ist nicht einfach so, dass sich Gott nur in den positiven Regungen zeigt, dem Trost. Deshalb hat Ignatius sehr differenzierte Regeln zur Unterscheidung der Geister entwickelt, die ein Kernstück der Exerzitien sind.
Die Kunst der Unterscheidung der Geister besteht darin, diese unterschiedlichen Kräfte wahrzunehmen und im Gespräch mit einem erfahrenen Begleiter auf ihren Ursprung und ihr Ziel hin zu untersuchen. In den insgesamt 24 Regeln zur Unterscheidung der Geister gibt Ignatius sehr differenzierte Anhaltspunkte, um aus unterschiedlichen inneren Stimmungen die richtigen Schlussfolgerungen abzuleiten.
Den Willen Gottes muss man zulassen
Der Wille Gottes lässt sich auch in einem gemeinschaftlichen Prozess suchen und finden, der geistlichen Unterscheidung in Gemeinschaft. Entscheidend sind dabei, einander zuzuhören und in einen Dialog zu treten. So wird ein zentrales Element in der Versammlung in Rom das geistliche Gespräch sein. Das Arbeitsdokument der Weltsynode beschreibt das Wirken der Heiligen Geistes wie folgt: "Die inneren Spuren, die das Zuhören der Schwestern und Brüder in jedem einzelnen hinterlässt, sind die Sprache, mit der der Heilige Geist seine eigene Stimme erklingen lässt."
Eine wesentliche Voraussetzung in der Methode der geistlichen Unterscheidung in den ignatianischen Exerzitien ist übrigens die Indifferenz. Damit ist nicht Gleichgültigkeit im Sinn von Wurschtigkeit gemeint, sondern eine innere Ausgewogenheit und Offenheit, die überraschende Entdeckungen und Einsichten zulässt. Der Heilige Geist ist ein Geist der Überraschungen. Von daher dürfen wir von der Weltsynode kirchliche Veränderungen erwarten, die wir ins im Voraus noch gar nicht vorstellen können.