Franziskus sprach von einem "brüderlichen Zeichen" und rief zu weiteren Bemühungen um die Kircheneinheit auf. In 50 Jahren Dialog sei die Überzeugung gewachsen, dass Ökumene "nie eine Verarmung, sondern einen Schatz" bedeute", sagte er bei dem Treffen am Donnerstag im Apostolischen Palast. In seinem Grußwort im Vatikan rief Franziskus dazu auf, im Streben nach Einheit nicht nachzulassen.
Im bisherigen Dialog sei die Gewissheit gereift, "dass, was der Heilige Geist im anderen gesät hat, eine gemeinsame Ernte hervorbringt". Zudem verlange eine "nach Frieden dürstende Welt" eine Botschaft von Liebe und Vergebung. Die Kirchen müssten einander helfen, ihre Binnenräume zu verlassen und das Evangelium zu verkünden, so der Papst.
Gemeinsames Abendgebet am Vorabend
Am Vorabend hatten Franziskus und Welby in Rom ein Abendgebet gefeiert. In dem Rahmen unterzeichneten sie eine gemeinsame Erklärung, die eine gemischte Bilanz des vor 50 Jahren begonnenen offiziellen Austauschs zieht, aber auch Hoffnung auf Fortschritte äußert.
In den vergangenen 50 Jahren sei ein "großer Fortschritt" in den Beziehungen zwischen beiden Kirchen erzielt worden. Besonders mit Blick auf die Ordination von Frauen und die Haltung zur Homosexualität gebe es jedoch neue Uneinigkeit. Auch die Frage, wie in der Kirche Autorität ausgeübt werde, bleibe strittig. Diese Differenzen dürften jedoch nicht zu einer Verringerung des ökumenischen Engagements führen.
Aufruf zur Zusammenarbeit im Alltag
In seiner Predigt rief der Papst beide Kirchen zur Zusammenarbeit im Alltag auf. Katholiken müssten sich stets fragen, ob eine Aktivität nicht gemeinsam mit den "anglikanischen Brüdern" in Angriff genommen werden könne. Welby sagte, wenn sich Christen untereinander bekämpften und nicht Barmherzigkeit und Vergebung miteinander teilten, werde die Kirche zu einem "Zirkus für Gladiatorenkämpfe". Die Einheit der Christen entstehe durch Werke der Barmherzigkeit.
Das Abendgebet fand in der Kirche Sankt Andreas und Sankt Gregor am Monte Celio statt. An der Feier nahmen nach vatikanischen Angaben 36 katholische und anglikanische Bischöfe aus 19 Ländern teil.
Beginn des offiziellen Dialogs im Jahr 1966
Den Beginn des offiziellen Dialogs zwischen Katholiken und Anglikanern markiert die Begegnung des anglikanischen Primas Arthur Michael Ramsey mit Papst Paul VI. am 23. März 1966 im Vatikan. Damals vereinbarten sie die Einrichtung einer gemischten internationalen Kommission, die seither regelmäßig zusammentrat, um eine Einigung über strittige Themen herbeizuführen.
Das Kloster Sankt Andreas und Sankt Gregor auf dem römischen Hügel Celio war Heimatsitz des Benediktiners Augustinus, den Papst Gregor I. 596 und - nach einem ersten Fehlschlag - nochmals 597 zur Mission der Angelsachsen nach Südengland aussandte. Augustinus wurde später erster Bischof von Canterbury.
Drittes Treffen zwischen Franziskus und Welby
Es ist nach Juni 2013 und Juni 2014 das dritte römische Treffen des aktuellen Primas Welby mit Franziskus. Zuletzt begegneten sich die Kirchenführer beim Weltfriedenstreffen der Religionen in Assisi Mitte September.
Zwischen 1397 und 1960 gab es über Jahrhunderte keinerlei Besuche zwischen dem Papst und dem Primas von England. Im Zuge der Reformation trennte sich König Heinrich VIII. von Rom und erklärte sich 1534 selbst zum Oberhaupt einer anglikanischen Staatskirche.
Erst seit dem ökumenischen Tauwetter der 1960er Jahre entwickelte sich ein zunehmend vertrauensvoller Dialog.