Papst Franziskus bestimmt Regeln in Rio de Janeiro

Zeitplan obsolet

Papst Franziskus hat seinen ersten Besuchstag in Brasilien beendet. Er dauerte länger, als das Protokoll vorgesehen hatte.

Franziskus und Dilma Rousseff (dpa)
Franziskus und Dilma Rousseff / ( dpa )

Unerwartet stürmischer Empfang für Papst Franziskus in Brasilien: Auf der Fahrt vom Flughafen zum Regierungspalast von Rio de Janeiro am Montag blieb der kleine Konvoi mehrfach in Pulks von Papst-Fans stecken. Die Sicherheitskräfte aus den Begleitfahrzeugen hatten Mühe, die Menschen vom Wagen des Kirchenoberhaupts fernzuhalten. Einigen gelang es, durch das offene Seitenfenster Gegenstände in das Wageninnere zu reichen.

Der Papst legte den Weg zur offiziellen Willkommenszeremonie mit Staatspräsidentin Dilma Rousseff in einen Kleinwagen des Typs Fiat Idea zurück. Franziskus saß mit Rios Erzbischof Orani Joao Tempesta unangeschnallt und bei offenem Fenster auf der Rückbank. Es war sein ausdrücklicher Wunsch, bei der Reise nicht das gepanzerte Mercedes-Papamobil mit schusssicherem Glasaufbau zu benutzen.

Die Personenschützer reagierten sichtlich nervös. Es kam zu Rangeleien. An einer Stelle in der Innenstadt blieb die Wagenkolonne hängen, weil ein Polizeifahrzeug quer stand. Franziskus selbst blieb nach den Fernsehbildern aus einem begleitenden Hubschrauber augenscheinlich gelassen. Anders als bei bisherigen Papstreisen gab es entlang der Fahrstrecke des Papstes diesmal keine Absperrgitter und auch kein erhöhtes Polizeiaufgebot.

Für den zweiten Teil der Route stieg Franziskus in einen offenen Geländewagen um, der zwar über ein Glasdach als Regenschutz verfügte, aber sonst keine Sicherheitsvorrichtungen besaß. Zehntausende jubelnder Menschen säumten die Straße und ließen aus den umliegenden Hochhäusern Konfetti niederregnen. Wegen der engen Fahrgasse kam der Papst anfangs kaum im Schritttempo vorwärts. Beim Palacio Guanabara traf er mit erheblicher Verspätung ein. Präsidentin Rousseff war unterdessen vom Flughafen mit einem Helikopter vorausgereist.

Weder "Gold noch Silber"

Bei der offiziellen Begrüßungszeremonie im Guanabara-Palast von Rio dankte Franziskus der brasilianischen Präsidentin und der Kirchenführung des Landes für den Empfang. "Ich habe weder Gold noch Silber, aber ich bringe das Wertvollste, das mir gegeben wurde: Jesus Christus!", sagte der Papst in seiner auf Portugiesisch gehaltenen Ansprache. Er komme im Namen Christi, "um die Flamme der brüderlichen Liebe, die in jedem Herzen brennt, zu nähren", und wolle mit seinem Friedensgruß alle Menschen erreichen.

Die Teilnehmer des Weltjugendtages kämen aus allen Kontinenten, sprächen verschiedene Sprachen und gehörten unterschiedlichen Kulturen an, hob der Papst in seiner ersten Rede auf brasilianischem Boden hervor. Sie fänden jedoch "in Christus die Antworten auf ihr höchstes und gemeinsames Streben und können ihren Hunger nach klarer Wahrheit und echter Liebe stillen, die sie über alle Verschiedenheit hinaus verbinden." 

"Die Jugend ist das Fenster, durch das die Zukunft an die Welt eintritt", führte Franziskus in seiner Begrüßungsrede aus. Daraus ergäben sich große Herausforderungen für die Gesellschaft.   Franziskus bat seine Zuhörer um freundliche Aufmerksamkeit und um das nötige Einfühlungsvermögen, um so einen Dialog unter Freunden aufzunehmen. "In diesem Augenblick weiten sich die Arme des Papstes, um die ganze brasilianische Nation in ihrem vielschichtigen menschlichen, kulturellen und religiösen Reichtum zu umarmen. Von Amazonien bis zur Pampa, von den Trockenregionen bis zum Pantanal, von den kleinen Dörfern bis zu den Metropolen fühle sich keiner von der Zuneigung des Papstes ausgeschlossen."   Mit seiner Reise wolle er "die dem Bischof von Rom eigene pastorale Sendung fortführen, die Brüder im Glauben an Christus zu stärken", betonte Franziskus in Anspielung auf die Auslandsreisen seiner Vorgänger. Er wolle die Gläubigen ermutigen, "die Gründe der Hoffnung zu bezeugen, die von Christus her kommt". Er wolle sie dazu anzuregen, allen den unerschöpflichen Reichtum seiner Liebe anzubieten.   Erste Botschaft auf dem Flug

Auf dem Hinflug hatte sich Franziskus besorgt über die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern geäußert. Er sehe die Gefahr einer "Generation, die nie eine Arbeit hatte", sagte er vor mitreisenden Journalisten. Die Benachteiligung junger Menschen nannte er "eine Ungerechtigkeit". Die eigene Würde hänge mit der Möglichkeit eines eigenen Brotverdienstes zusammen, so Franziskus. Ein Volk habe dann Zukunft, wenn es "mit der Kraft der jungen Menschen und der Alten" vorwärtsgehe. Senioren seien als Hüter der Lebensweisheit unverzichtbar, sagte der Papst.

Papst Franziskus bleibt eine Woche in Brasilien. Auf dem Programm stehen neben dem Besuch des Weltjugendtags in Rio de Janeiro auch ein Abstecher in den Marienwallfahrtsort Aparecida und Begegnungen mit Vertretern aus Kirche und Gesellschaft. Höhepunkte werden ein Abendgebet am Samstag und eine Messe am Sonntagmorgen auf einem 3,5 Quadratkilometer großen Freigelände. Es ist die erste Rückkehr des Argentiniers Franziskus auf seinen Heimatkontinent seit seiner Wahl zum Papst am 13. März.

In Brasilien will Franziskus besonders auf Arme und Benachteiligte zugehen. Am Donnerstag möchte er in die Favela Varginha im Norden Rios, die Menschen in ihren Häusern besuchen und auf dem Fußballplatz des Armenviertels zu den Bewohnern sprechen. Zuvor will er am Mittwoch in einem Ordenskrankenhaus eine neue Abteilung für die Behandlung Drogenabhängiger einweihen.

Ein "freier" Tag

Am Dienstag stehen für Franziskus keine offiziellen Termine an. Der 76-Jährige wohnt während seines Aufenthalts im Haus des Erzbischofs von Rio de Janeiro, Orani Joao Tempesta. Die Residenz liegt 400 Meter über der Metropole an den Hängen der Serra da Carioca mit einem weitläufigen Naturpark. An der Eröffnungsmesse des Weltjugendtags an der Copacabana nehmen am Dienstagabend (Ortszeit) Mitglieder des päpstlichen Gefolges teil, nicht aber der Papst selbst. Zu der Messe am Strand werden auch 250 Bischöfe erwartet.

Unterdessen wurden laut brasilianischen Medien die Sicherheitsvorkehrungen für den Papst verstärkt. Rund 25.000 Sicherheitskräfte von Militär und Polizei sollen für einen störungsfreien Verlauf sorgen. Im Vorhinein hatten verschiedene Organisationen angekündigt, gegen die Verwendung öffentlicher Mittel für das Katholikentreffen zu protestieren. Papst Franziskus will auf das gepanzerte Papamobil mit schusssicherem Glasaufbau verzichten. Stattdessen benutzt er für Fahrten durch Menschenmengen einen offenen Geländewagen


Quelle:
KNA , DR