Aus deutscher Sicht mag es seltsam scheinen, dass der Papst an diesem Sonntag über das Thema Fronleichnam gesprochen hat. Schließlich ist das Fest ja schon ein paar Tage her, und in den katholisch geprägten deutschen Bundesländern war es ein Feiertag. In Italien dagegen und vielen anderen Ländern wird Fronleichnam erst an diesem Sonntag gefeiert.
Jesus sei "real gegenwärtig"
Und darum nahm sich Franziskus beim Angelusgebet auf dem Petersplatz an diesem Sonntag das Thema Fronleichnam vor. Jesus sei im Altarssakrament "real gegenwärtig", sagte er; darum sammelten sich die Christen jeden Sonntag um den Altar.
"Jedes Mal, wenn wir Eucharistie feiern, dieses so nüchterne und gleichzeitig so feierliche Sakrament, gedenken wir des Neuen Bundes, der die Gemeinschaft Gottes mit uns in Fülle verwirklicht. Und als Teilhaber dieses Bundes arbeiten wir, ob klein oder groß, daran mit, dass die Geschichte so wird, wie Gott sie will."
“Das ist die eucharistische Logik”
Jede Eucharistiefeier sei darum nicht nur ein Kultgeschehen, sondern habe "mit dem Leben und den konkreten Umständen unserer Existenz" zu tun. "Wenn wir uns vom Leib und Blut Christi nähren, werden wir ihm ähnlich, empfangen wir seine Liebe – nicht, um sie eifersüchtig für uns zu behalten, sondern um sie mit den anderen zu teilen. Das ist die eucharistische Logik!", sagte der Papst.
Er führte fort: "In ihr betrachten wir Christus, das gebrochene und ausgeteilte Brot, Blut, vergossen für unser Heil. Das ist eine Präsenz, die wie Feuer in uns allen Egoismus wegbrennt und uns von der Tendenz reinigt, nur dann zu geben, wenn wir vorher auch empfangen haben. Sie nährt in uns den Wunsch, ebenfalls zu gebrochenem Brot und zu Blut zu werden, das für unsere Geschwister vergossen wird."
Schule der konkreten Liebe
Zweierlei sei darum Fronleichnam: "Geheimnis der Anziehung durch Christus" und "Geheimnis der Verwandlung in ihm". Wörtlich sagte der Papst: "Es ist eine Schule der konkreten Liebe, die geduldig und opferbereit ist wie Christus am Kreuz. Es lehrt uns, aufnahmebereiter und verfügbarer zu sein gegenüber allen, die Verständnis, Hilfe, Ermutigung brauchen, die an den Rand gedrängt und einsam sind. Die lebendige Präsenz Jesu in der Eucharistie ist wie eine Tür zwischen der Kirche und der Straße, zwischen Glauben und Geschichte, zwischen der Gottesstadt und der Stadt des Menschen."
An diesem Sonntagabend wird der Papst an der Fronleichnamsprozession im römischen Vorort Ostia teilnehmen.
Stefan von Kempis