"Ich kann nichts tun, was die höheren Ziele gefährden würde – nämlich ein Ende des Krieges, einen Waffenstillstand oder zumindest einen humanitären Korridor", sagte Papst Franziskus im Interview der argentinischen Zeitung "La Nacion" (Donnerstag Ortszeit). "Was würde es dem Papst nützen, nach Kiew zu reisen, wenn der Krieg am nächsten Tag weitergeht?", so das Oberhaupt der katholischen Kirche.
Besuch beim russischen Botschafter
Er sei bereit, "alles zu tun", was in seiner Macht stehe, um zu einer friedlichen Lösung beizutragen. Dabei müsse sich ein Papst allerdings an diplomatische Gepflogenheiten halten. Öffentliche Kritik an Staatsoberhäuptern oder Staaten sei nicht hilfreich.
"Der Vatikan ruht nie", versicherte der 85-Jährige. Es gebe vielfältige Bemühungen und Vermittlungsversuche auf verschiedenen Ebenen. So habe er selbst kurz nach Kriegsbeginn den russischen Botschafter beim Heiligen Stuhl besucht: "Ich war allein. Ich wollte nicht, dass mich jemand begleitet. Das war meine persönliche Verantwortung."
Verständigung besser als Konfrontation
Konkrete Inhalte der Unterredung mit dem russischen Diplomaten nannte der Papst nicht, doch er ließ in dem Interview durchblicken: "Es ist für jeden, der es genau sehen will, klar, dass ich der Regierung signalisiert habe, dass sie den Krieg im nächsten Augenblick beenden kann." Jede Art von Krieg sei in der heutigen Zeit "anachronistisch". Darum habe er kürzlich öffentlich die ukrainische Flagge geküsst. Dies sei "eine Geste der Solidarität" mit den Toten, ihren Familien und den Flüchtlingen gewesen.
Der Papst äußerte sich auch zum russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I., der als enger Verbündeter von Präsident Wladimir Putin gilt. Sein Verhältnis zu Kyrill sei nach wie vor "sehr gut", betonte Franziskus. Er bedauere, dass der Vatikan ein für Juni in Jerusalem geplantes zweites Treffen habe absagen müssen. Eine solche Begegnung hätte unter den derzeitigen Gegebenheiten "zu viel Verwirrung führen können". Dennoch sei aus seiner Sicht Verständigung besser als Konfrontation.