Wenn Papst Franziskus nach Fatima kommt, bringt er ein von vielen ersehntes Geschenk mit: die Heiligsprechung von zweien der drei Seherkinder. Dieser Akt, mit dem er ihre Verehrung in der gesamten katholischen Welt gestattet, besiegelt gewissermaßen auch das Ereignis, durch das Francesco (1908-1919) und Jacinta Marto (1910-1920) gemeinsam mit Lucia dos Santos (1907-2005) vor 100 Jahren Kirchengeschichte schrieben.
Großer Wallfahrtsort
Damals, am 13. Mai 1917, erlebten die drei Hirtenkinder nahe dem kaum 2.500 Seelen zählenden Ort eine erste Marienerscheinung. Die Begegnung sollte sich monatlich bis zum 13. Oktober wiederholen. Im Juli empfingen die jungen Seher die berühmten drei "Geheimnisse". Aber schon bevor deren erste beiden 25 Jahre später veröffentlicht wurden, ging von Fatima der Aufruf zu Buße und Gebet um die Welt. Heute ist Fatima mit seinen Millionen Pilgern einer der größten Wallfahrtsorte der Christenheit.
Nichtsdestoweniger hält Franziskus seinen Besuch kurz: Keine 23 Stunden dauert sein Aufenthalt in Portugal. Es heißt sogar, erst ein Zureden von Mitarbeitern habe ihn davon abgebracht, seine Visite zur 100-Jahr-Feier als Tagesreise zu absolvieren. Dabei hätte er sich zumindest auf seinen Vorgänger Paul VI. (1963-1978) berufen können, der als erster Papst nach Fatima kam - anlässlich des 50. Jahrestags der ersten Erscheinung reiste er vormittags an, feierte vor einer unüberschaubaren Menschenmenge eine Messe und flog nach einer ökumenischen Begegnung abends zurück.
Ein Grund für die Eile Pauls VI. mag in dem schwierigen Verhältnis zur portugiesischen Staatsführung gelegen haben. Der autoritär regierende Ministerpräsident Antonio de Oliveira Salazar sah im Papst einen Progressisten; die soeben veröffentlichte Enzyklika "Populorum progressio" mit ihren entwicklungspolitischen Forderungen bewertete er als gefährliches und "demagogisches" Schreiben. Paul VI. seinerseits fühlte sich von den portugiesischen Bischöfen nur halbherzig willkommen geheißen und erwog erst, einen Vertreter zu den Feierlichkeiten zu entsenden. All dies ist 50 Jahre später anders.
Offizielle Einladung
Am Freitagnachmittag wird Franziskus auf dem Luftwaffenstützpunkt Monte Real von Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa erwartet. Der gemäßigt Konservative, der die katholische Soziallehre seinen politischen Kompass nennt, unternahm seine erste Auslandsreise nach dem Amtsantritt im März 2016 in den Vatikan und lud, wie zuvor die portugiesischen Bischöfe, den Papst offiziell nach Fatima ein.
Nach einer privaten Unterredung mit Rebelo de Sousa und einem Besuch der Kapelle des Stützpunkts fliegt Franziskus per Hubschrauber ins 40 Kilometer entfernte Fatima. Vom Landeplatz im lokalen Fußballstadion - benannt nach Johannes Paul II. - geht es im offenen Wagen zum Wallfahrtsheiligtum. Dies Fahrt ist zugleich die erste Gelegenheit für eine informelle Begegnung zwischen den Gläubigen und dem Papst.
In der Erscheinungskapelle will Franziskus ein privates Gebet vor der Marienstatue verrichten. Später am Abend, um 21.30 Uhr Ortszeit, wird er Kerzen segnen, eine Begrüßungsansprache halten und mit den Pilgern und Besuchern das tun, was die Muttergottes schon den Seherkindern aufgetragen hatte: den Rosenkranz beten.
Das offizielle Programm am Jahrestag der Erscheinung selbst beginnt für den Papst politisch - mit einem Treffen mit Portugals sozialistischem Ministerpräsidenten Antonio Costa im Exerzitienhaus "Nossa Senhora do Carmo". Eine halbe Stunde ist für das Gespräch angesetzt. Danach begibt sich Franziskus in die sogenannte alte, 1953 geweihte Basilika; hier liegen die drei Hirtenkinder begraben.
Seligsprechung am Samstag
Hunderttausende dürften dann auf dem weiten Platz zugegen sein, wenn der Papst vor der Basilika Francesco und Jacinta Marto in das Verzeichnis der Heiligen aufnimmt; für Lucia dos Santos, die dritte Seherin, läuft derzeit noch das Seligsprechungsverfahren.
Ausdrücklich ist im Rahmen der Papstmesse auch eine Begegnung mit Kranken vorgesehen. Wie an vielen Pilgerstätten sind auch in Fatima besonders jene präsent, die sich Heilung oder wenigstens Stärkung im Leiden erhoffen.
Das Mittagessen nutzt der Papst wie bei solchen Reisen üblich zu einem Austausch mit den Bischöfen des Landes. Bereits am frühen Nachmittag findet die Abschiedszeremonie auf dem Luftwaffenstützpunkt Monte Real statt. Mit einer Stunde Zeitverschiebung ist Franziskus gegen 19.00 Uhr wieder in Rom - und zur gewohnten Abendessenszeit im Vatikan.