Papst Franziskus warnt vor Antisemitismus

"Das ist nicht vorbei, leider"

Papst Franziskus hat sich in einem ausführlichen Interview zu mehreren aktuellen geäußert, Antisemitismus verurteilt, eine Zweistaatenlösung gefordert und einen zufriedenen Blick auf die zu Ende gegangene Weltsynode geworfen.

Papst Franziskus während der Generalaudienz / © Alessandra Tarantino (dpa)
Papst Franziskus während der Generalaudienz / © Alessandra Tarantino ( dpa )

Papst Franziskus hat vor Antisemitismus gewarnt. Dieser sei verborgen immer da gewesen, in der aktuellen Situation sei er sehr groß, sagte der Papst am Mittwochabend in einem Interview mit dem italienischen Fernsehsender Rai1. Die Erinnerung an den Holocaust reiche offenbar nicht aus, "das ist nicht vorbei, leider". Er habe keine Erklärung dafür, sagte Franziskus im Gespräch mit dem Direktor der Nachrichtensendung TG1, Gian Marco Chiocci. "Das ist eine Tatsache, die ich beobachte, und die mir nicht gefällt."

Zum Krieg im Nahen Osten sagte der Papst weiter, im Krieg provoziere eine Ohrfeige die nächste. Auf die Frage nach einer Befriedung, nannte Franziskus erneut eine Zwei-Staaten-Lösung, in der Jerusalem einen Sonderstatus hätte. In dem Gespräch verwies Franziskus auch auf die anderen Kriege auf der Welt, unter anderem im Jemen, in Syrien und in der Ukraine. Man gewöhne sich leider an diese Nachrichten, "aber wir dürfen uns daran nicht gewöhnen", appellierte der Papst. Hinter den vielen bewaffneten Konflikten stehe eine wirtschaftlich lukrative Rüstungsindustrie, kritisierte er.

Syrien-Krieg schwierigster Moment der Amtszeit

Der Syrien-Krieg war der schwierigste Moment seiner bisherigen Amtszeit, so Franziskus weiter. Wenige Monate nach Beginn seines Pontifikats 2013 leitete der Papst eine Gebetswache mit rund 100.000 Menschen. Gemeinsam beteten sie für Frieden in Syrien und anderen Konfliktregionen der Welt.

Als der Krieg damals ausbrach, habe er nicht gewusst, was er tun solle; es sei sehr schwierig gewesen, so das Kirchenoberhaupt. "Ich war an so etwas nicht gewöhnt und hatte auch Angst, einen Fehler zu machen und Schaden anzurichten. Das war schwierig", so Franziskus im Rückblick. "Aber der Herr hat mir immer geholfen, eine Lösung zu finden - oder zumindest geduldig zu sein und auf eine Lösung zu warten."

Bischofssynode ein Erfolg

Die an diesem Sonntag zu Ende gegangene Bischofssynode im Vatikan bewertete Franziskus durchweg positiv. Zum ersten Mal hatten auch katholische Laien, unter ihnen 54 Frauen, stimmberechtigt an einer Synode teilgenommen. Die Kirche sei weiblich, sagte Franziskus, "Maria ist wichtiger als Petrus." Er verwies auch auf die vielen Frauen, die im Vatikan in Führungspositionen arbeiten. "Frauen verstehen Dinge, die wir nicht verstehen", sagte er zu seinem Gesprächspartner Chiocci. Die Praxis und die theologische Sicht seien aber zwei unterschiedliche Dinge.

Die Synodenteilnehmer hatten etwa vier Wochen in Rom über die Neuausrichtung der katholischen Kirche diskutiert, unter anderem über Themen wie die Rolle von Frauen und Laien, das Amt der Bischöfe, das Priestertum und das Diakonat. Die Versammlung der Bischöfe wird im kommenden Oktober ihre Fortsetzung und ihren Abschluss finden. Damit wird auch die Weltsynode, die Papst Franziskus im Herbst 2021 ausgerufen hatte, zu Ende gehen. Auch Beschlüsse und Empfehlungen an den Papst werden für den Herbst 2024 erwartet.

Auf die Frage, wie es ihm gehe, antwortete der 86 Jahre alte Papst mit einem Lachen: "Ich bin noch am Leben." Nach den zwei Darm-Operationen, denen er sich unterziehen musste, gehe es ihm nun wunderbar. "Ich kann alles essen", sagte Franziskus.

Reise zur Weltklimakonferenz in Dubai

In dem Interview bestätigte Papst Franziskus, er wolle zur Weltklimakonferenz nach Dubai reisen. Er plane einen dreitägigen Aufenthalt; anreisen werde er am 1. Dezember, so das Kirchenoberhaupt.

Die Weltklimakonferenz COP28 findet von 30. November bis 12. Dezember in dem Emirat statt. Franziskus hatte in einem kürzlich veröffentlichen Mahnschreiben betont, die Konferenz müsse ein Erfolg werden. In dem Dokument "Laudate Deum" (Lobet Gott) ruft er zu mehr Anstrengungen für den Klimaschutz auf. Wenn der Mensch über seine kleinen Interessen hinausgehe, könne die COP28 zu einer deutlichen Beschleunigung der Energiewende mit wirksamen Verpflichtungen führen, schreibt der Papst und fügt hinzu: "Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein."

Zuletzt war Franziskus Ende 2022 auf die Arabische Halbinsel ins Königreich Bahrain gereist. 2019 besuchte er Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate.

Quelle:
epd , KNA