Papst kritisiert Flüchtlingssituation und Weltwirtschaft

"Bankrott der Menschheit"

Papst Franziskus hat beim Treffen mit Volksbewegungen die Lage der Flüchtlinge als "Schande" bezeichnet. Unterdessen hat er erneut einen Vorrang von Wirtschaftsinteressen als Ursache der globalen Armut gegeißelt.

Weltkongress der Volksbewegungen im Vatikan / © Osservatore Romano (dpa)
Weltkongress der Volksbewegungen im Vatikan / © Osservatore Romano ( dpa )

Bezüglich der Flüchtlingssituation warf Papst Franziskus unter anderem westlichen Staaten eine Mitschuld an den Fluchtursachen vor. Unzählige Menschen seien durch Kriege vertrieben worden, "die nicht jene geschaffen haben, die heute die schmerzliche Entwurzelung aus ihrer Heimat erleiden, sondern vielmehr viele von denen, die sich weigern, sie aufzunehmen", sagte Franziskus beim dritten Weltkongress der Volksbewegungen am Samstag im Vatikan.

Angst als Grund für Ablehnung

Wer in die Augen eines Kindes in einem Flüchtlingslager schaue, erkenne auf Anhieb den "Bankrott der Menschheit", sagte Franziskus mit Verweis auf seinen Besuch auf der Insel Lesbos im April. "Was geschieht in der heutigen Welt, dass bei einer Bankenpleite unversehens skandalöse Summen zur Rettung auftauchen, und wenn "dieser Bankrott der Menschheit geschieht, gibt es praktisch nicht mal ein Tausendstel, um diese Brüder zu retten, die so viel leiden?", fragte der Papst.

Das Mittelmeer sei zu einem "Friedhof" geworden. Ebenso gebe es "viele Friedhöfe nahe Mauern, Mauern befleckt vom Blut Unschuldiger", so Franziskus weiter. Für die Ablehnung von Migranten machte er Angst verantwortlich. "Angst verhärtet das Herz und wird zu blinder Grausamkeit, die sich weigert, das Blut, den Schmerz, das Gesicht des anderen zu sehen." Das Flüchtlingsproblem sei nicht ein Problem einzelner Regionen, sondern "ein Problem der Welt".

"Grund-Terrorismus" der Weltwirtschaft

Mit Blick auf die Weltwirtschaft betonte Franziskus, dass die weltweite Kontrolle des Geldes einem "terroristischen" System diene. Das Geld herrsche "mit der Peitsche der Angst, der Ungleichheit, der ökonomischen, sozialen, kulturellen und militärischen Gewalt". Von diesem "Grund-Terrorismus" nährten sich auch der Terrorismus der Drogenkriminalität, Staatsterrorismus und "jener, den einige irrigerweise als ethnischen oder religiösen Terrorismus bezeichnen".

Vertreter der vor allem in Südamerika beheimateten, aber auch in Afrika und Asien verbreiteten Volksbewegungen hatten seit Dienstag an einer Konferenz zum Recht auf Arbeit, Wohnung und Land teilgenommen. Das Welttreffen in Rom war das dritte dieser Art seit 2014. Daran beteiligten sich Delegationen aus rund 60 Ländern.

Zukunft liegt in den Händen der Völker

Franziskus betonte, die katholische Soziallehre und auch Lehräußerungen seiner Amtsvorgänger rebellierten "gegen den Götzen Geld, der herrscht, statt zu dienen, und die Menschheit tyrannisiert und terrorisiert". Die Angst schwäche, destabilisiere und betäube gegenüber den Leiden anderer. "Barmherzigkeit ist das beste Gegenmittel gegen die Angst", so der Papst. Man müsse "den Terror mit der Liebe angehen".

Die Zukunft der Menschheit liege nicht nur in den Händen der politischen Führer, der Mächtigen und der Eliten, sondern "vor allem in den Händen der Völker", in ihrer Fähigkeit, sich zu organisieren und einen Wandel "mit Demut und Überzeugung" voranzubringen, sagte Franziskus. Dazu könne und müsse auch die Kirche ihren Beitrag leisten, freilich "ohne zu behaupten, ein Monopol auf die Wahrheit zu haben".


Quelle:
KNA