Papst ruft Staaten zu Einschreiten im Nordirak auf

100.000 Christen auf der Flucht

Die radikal-islamische Terrorgruppe "Islamischer Staat" hat ihren Vormarsch im Irak fortgesetzt. Jetzt sind auch die von Christen bewohnte Gebiete im Norden des Landes weitgehend unter ihrer Kontrolle. Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht.

Vertrieben: Christin aus Mossul, Irak (dpa)
Vertrieben: Christin aus Mossul, Irak / ( dpa )

Papst Franziskus rief die internationale Gemeinschaft am Donnerstag in einem flammenden Appell zu einem verstärkten Einsatz für die von Gewalt und Vertreibung betroffenen Menschen in der Region auf. Er sei tief betroffen über die Lage im Nordirak. Er denke besonders an die christlichen Gemeinden. In einem von Vatikan-Sprecher Federico Lombardi verlesenen Aufruf von Papst Franziskus heißt es, dem humanitären Drama in der Region müsse ein Ende bereitet werden. Von dem Konflikt seien eine wehrlose Bevölkerung und dabei vor allem christliche Gemeinschaften betroffen, ein Volk fliehe aus seinen Dörfern.

"IS" erobert Stadt für Stadt im Nordirak

In der Nacht zu Donnerstag hatte die Terrormiliz "Islamischer Staat" laut unterschiedlichen Berichten auch die letzten christlichen Orte in der Region um Mossul erobert und zehntausende Christen in die Flucht getrieben. Der chaldäische Patriarch Louis Raphael I. Sako rief erneut die internationale Gemeinschaft um Hilfe an. Die IS-Kämpfer hätten auch Kirchen besetzt, Kreuze abgenommen und religiöse Schriften verbrannt. Die Menschen seien teils zu Fuß in die Kurdengebiete bei Dohuk und Erbil unterwegs, nachdem sie ihre Fahrzeuge an Kontrollpunkten hätten zurücklassen müssen, sagte Sako am Donnerstagmorgen in einem Telefonat mit der Hilfsorganisation "Fraterite en Irak" in Paris.

Mossul wurde für die Dschihadisten zur Operationsbasis, nachdem die Terrormiliz die Stadt im Juni komplett erobert hatte. In der Region leben zahlreiche Christen und Jesiden.

Frankreich fordert Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) forderte in Berlin internationale Hilfe für die Flüchtlinge im Nordirak. "Die Berichte von systematischen Vertreibung von Minderheiten wie den Christen, den Turkmenen oder den Jesiden durch die Terrorgruppe IS lassen einen fast an einen biblischen Exodus denken", sagte sie. Auch die Kurden in Irakisch-Kurdistan bräuchten humanitäre Unterstützung, um den Flüchtlingen Sicherheit und Zuflucht zu gewähren.

Frankreich will angesichts des IS-Vormarsches eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates. Die internationale Gemeinschaft solle mobilisiert werden, um der terroristischen Entwicklung in dem Land entgegenzuwirken, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Die Bevölkerung müsse vor nicht hinnehmbaren Übergriffen geschützt werden.

Auswirkungen der Kämpfe im Irak auch in Deutschland

Im westfälischen Herford brach zwischen Sympathisanten der Terrorgruppe Islamischer Staat und kurdischen Jesiden Gewalt aus. Nach Angaben der Polizei hatten zunächst radikale Islamisten eine Gruppe jesidischer Männer angegriffen, die mit einem Plakat zu einer Demonstration gegen die Übergriffe auf ihre Glaubensgemeinschaft im Irak aufgerufen hatte. Die Polizei nahm sechs Männer fest, die überwiegend aus Tschetschenien stammen.

 

 

 


Patriarch Louis Rafael I. Sako (KiN)
Patriarch Louis Rafael I. Sako / ( KiN )

Jesiden demonstrieren in Herford  (dpa)
Jesiden demonstrieren in Herford / ( dpa )
Quelle:
DR , dpa , epd , KNA