Es sind nur ein paar unscheinbare Zeilen, ganz am Ende des täglichen Pressebulletins aus dem Vatikan. Doch sie enthalten gewichtige Entscheidungen des Papstes zum personellen Umbau der römischen Kurie. Franziskus schickt den Leiter der vatikanischen Gottesdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah, in den Ruhestand. Zwar hat der Guineer die vorgesehene Altersgrenze von 75 Jahren erreicht. Doch Männer nach seinem Gusto belässt das Kirchenoberhaupt meist deutlich länger im Amt.
Nicht auf einer Linie
Nicht so im Fall Sarah. Der nominell einflussreiche Geistliche gilt im Vatikan als eine Art Dissident mit ausgesprochen traditionalistischen Ansichten. Angesichts des von Franziskus betriebenen konsequenten Reformkurses wirkte der für Liturgiefragen zuständige Präfekt wie ein Fremdkörper in der Kirchenleitung. Immer wieder geriet er mit dem Argentinier aneinander. Mehrmals wurde der Streit öffentlich ausgetragen.
Vor rund einem Jahr manövrierte sich der Afrikaner vollends ins Abseits. Damals veröffentlichte er ein neues Buch - angekündigt mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. als Co-Autor. Es ging um eine Verteidigung des Priesteramtes und des Pflichtzölibats. Vor allem der Zeitpunkt der Publikation sorgte für Unmut. Sie erschien nur wenige Wochen, bevor Franziskus mit seinem nachsynodalen Schreiben "Querida Amazonia" über eine Lockerung des Zölibats im Amazonasgebiet entscheiden sollte. Sarah, so empfanden es etliche Kritiker, wollte den früheren gegen den amtierenden Papst in Stellung zu bringen. Benedikts Privatsekretär Erzbischof Georg Gänswein dementierte schließlich eine Co-Autorenschaft.
Die Demission Sarahs kommt daher wenig überraschend. Zwischen den Zeilen seiner knappen Twitter-Reaktion kann man Enttäuschung herauslesen: "Heute hat der Papst den Verzicht auf mein Amt als Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst nach meinem 75. Geburtstag akzeptiert. Ich bin in Gottes Händen." Kein wohlwollendes Wort zum Abschied, stattdessen der vielsagende Satz: "Der einzige Fels ist Christus."
Suche nach Nachfolgern
Der Papst hat derweil die Gelegenheit, in Ruhe einen Nachfolger auszuwählen, der ihn bei seinen Modernisierungsbestrebungen unterstützt. So erweitert der 84-Jährige - Schritt für Schritt - seine Machtbasis in der Kurie. Beispielhaft dafür ist nicht zuletzt die Neubesetzung der Leitungsstelle in der Dombauhütte von Sankt Peter.
Kurienkardinal Angelo Comastri, der den Posten bisher innehatte, wurde am Samstag ebenfalls in den Ruhestand versetzt. Vatikankenner hatten auch damit gerechnet. Der 77-jährige Italiener ist schlicht kein geeigneter Kandidat, um die von Franziskus gestartete Transparenzoffensive in Sachen Finanzen zu begleiten.
Comastri, seit 2005 verantwortlich für alle baulichen Aspekte einer der größten Kirche der Christenheit, geriet unlängst ins Zwielicht: Gegen die Dombauhütte laufen Ermittlungen aufgrund mangelnder Transparenz bei der Auftragsvergabe. Der Papst ernannte eigens den Erzbischof und Diplomaten Mario Giordana zum Sonderkommissar, um eine Umstrukturierung zu veranlassen. Denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Amtszeitverlängerung. Dementsprechend kam jetzt der Schlusspfiff.
Comastris Aufgaben werden vom kürzlich ins Kardinalskollegium aufgenommenen Mauro Gambetti übernommen. Der 55-Jährige ist im doppelten Sinn ein "Franziskus-Mann". Zum einen entspricht der bescheidene Mönch mit Faible für ökologische Themen sehr dem Profil des Papstes. Zum anderen leitete er bislang das Konvent der Franziskaner-Minoriten am Grab des heiligen Franziskus in Assisi. Das amtierende Kirchenoberhaupt ist mit dieser Stätte seines Namenspatrons eng verbunden, die Beförderung Gambettis kann deshalb als dezidiert persönliche Wahl gewertet werden. Hinzu kommt, dass der Ordensmann mit Ingenieur-Diplom tatsächlich etwas Handfestes mitbringt, das ihn für den Posten des Dombauhütten-Chefs qualifiziert.
Die nun getroffenen Personalentscheidungen, so viel ist sicher, werden nicht die letzten dieser Art gewesen sein. Etliche weitere Kurienchefs haben die Pensionsgrenze erreicht. Für Franziskus bieten sich noch zahlreiche Chancen, die Kirchenleitung personell nach seinem Willen umzugestalten.