"Wir befinden uns an einem Scheideweg der Zivilisation", sagte der Papst am Freitag während seines Besuchs in der französischen Hafenstadt Marseille.
Auf der einen Seite verlaufe der Weg der Geschwisterlichkeit; auf der anderen eine Gleichgültigkeit, die das Mittelmeer mit Blut beflecke.
"Gewöhnen wir uns nicht daran, Schiffbrüche als Schlagzeilen und die Toten auf See als bloße Zahl zu betrachten", warnte der Papst.
Papst Franziskus bezeichnet Mittelmeer als Grab der Menschenwürde
Das Mittelmeer sei zu einem riesigen Friedhof geworden, wo viele Menschen selbst des Rechtes auf ein Grab beraubt würden.
"Nur die Menschenwürde wird hier begraben", sagte Franziskus. Die Migranten flöhen vor Konflikten, Armut und Umweltkatastrophen.
In den Wellen des Mittelmeers werde ihre Suche nach einer besseren Zukunft endgültig abgelehnt. Das Kirchenoberhaupt rief zu Taten auf.
Gastfreundschaft als Wurzel von Judentum, Islam und Christentum
Menschenhandel, Folter, Schiffbrüche und ein "Fanatismus der Gleichgültigkeit" dürften nicht länger akzeptiert werden, sagte der Papst und forderte: "Menschen, die zu ertrinken drohen, wenn sie auf den Wellen ausgesetzt werden, müssen gerettet werden. Das ist eine Pflicht der Menschlichkeit, eine Pflicht der Zivilisation."
Der Papst äußerte sich im Rahmen eines Gedenkens für Ertrunkene im Mittelmeer, an dem auch Vertreter anderer Religionen und christlicher Kirchen teilnahmen.
"Gastfreundschaft ist eine Wurzel von Judentum, Islam und Christentum", sagte Franziskus. Glaubende müssten sich daher beispielhaft gegenseitig annehmen.
Kreuz, Anker und Herz als Symbole für Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe
Die religiösen Führer kamen an einer Gedenk-Stele nahe der Basilika Notre-Dame de la Garde zusammen. Das Denkmal zeigt ein Kreuz, einen Anker und ein Herz; die Symbole stehen für Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe.
Am Samstag hält Franziskus eine Rede zum Abschluss des "Mittelmeer-Treffens" (Rencontres Mediterraneennes) und feiert einen Gottesdienst im Stadion des Fußballvereins Olympique Marseille.
Während des zweitägigen Aufenthalts in der Hafenstadt, der kein offizieller Staatsbesuch ist, wird er zudem Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron begegnen.