Papst und Bischöfe rufen zu Gebet und Ruhe auf

Bestürzung nach Brüsseler Anschlägen

Kirchenvertreter und Politiker haben mit Trauer und Bestürzung auf die mutmaßlichen Terroranschläge in Belgien reagiert. Papst Franziskus drückte den Angehörigen der Opfer sein tiefes Mitgefühl aus. 

Europa zeigt Trauer / © Yoan Valat (dpa)
Europa zeigt Trauer / © Yoan Valat ( dpa )

Der Papst bete für sie und für die Verletzten und vertraue diejenigen, die ihr Leben verloren hätten, der Barmherzigkeit Gottes an, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Beileidstelegramm von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin an den Erzbischof von Mecheln-Brüssel, Jozef De Kesel. Franziskus verurteilte erneut "die blinde Gewalt, die so viel Leid hervorruft". Er bitte Gott um das Geschenk des Friedens, so das katholische Kirchenoberhaupt.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, erklärte, die Anschläge machten ihn "traurig und bestürzt". Marx ist auch Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft ComECE, die ihren Sitz in Brüssel hat. "Meine Gedanken und Empfindungen sind in diesen Stunden bei den Toten, den Verletzten und ihren Angehörigen. In dieser Karwoche werden wir besonders für die Opfer der Gewalt und ihre Angehörigen beten", so Marx in einer Mitteilung.

Die Ereignisse bewegten ihn persönlich sehr, da er selbst auch immer wieder in Brüssel sei. "Auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Sekretariat der Comece in Brüssel bin ich besonders verbunden in dieser Situation.“

Kirchensprecherin zur Lage vor Ort

Im domradio.de-beschrieb am Dienstag Comece-Mitarbeiterin Johanna Touzel die Lage im Zentrum von Brüssel. Das Comece-Team stünde unter Schock, eine Kollegin habe auf dem Weg zur Arbeit verbrannte Opfern an der Haltestelle Maelbeek gesehen. Für viele liegen die Anschlagsziele auf dem Arbeitsweg. "Der Morgen war ganz ruhig und sonnig und man hätte überhaupt nicht so was erwartet, so einen Horror", sagte Touzel.

Die belgischen Bischöfe riefen zu Gebet und Besonnenheit auf. Man teile "die Angst Tausender Reisender und ihrer Familien, der Flughafenmitarbeiter und der Sicherheitskräfte, die wieder einmal in der Frontlinie stehen", heißt es in einer am Dienstag verbreiteten Stellungnahme der Belgischen Bischofskonferenz. Die Bischöfe sprachen von einer "neuen dramatischen Lage". Am Flughafen Zaventem seien Seelsorger im Einsatz, um allen Hilfsbedürftigen zur Seite zu stehen. 

Chrisammesse abgesagt

Nach den Anschlägen hat die Erzdiözese Mecheln-Brüssel einen für Dienstagabend in der Hauptstadt-Kathedrale St. Michael und St. Gudula geplanten traditionellen Ölweihe-Gottesdienst in der Karwoche abgesagt. Die Messe könne aus "offensichtlichen Sicherheitsgründen" nicht stattfinden, teilten der Brüsseler Erzbischof Jozef De Kesel und Weihbischof Jean Kockerols in einer gemeinsamen Stellungnahme am Dienstagnachmittag mit. Wie alle Einwohner von Brüssel seien sie "schockiert und verletzt" durch die Ereignisse, betonten die beiden Bischöfe und riefen zum Gebet für die Toten und deren Familien, Angehörige und Freunde auf.

Gebet für Bekehrung der Terroristen

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick betet für die Bekehrung der Terroristen. Das schrieb Schick am Dienstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Gleichzeitig wünschte er der Polizei bei den Ermittlungen Erfolg, den Angehörigen Trost, den Toten das ewige Leben. Der Terror in Brüssel sei unfassbar. "Rückt immer näher", so Schick.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, betonte, die freiheitlich-demokratischen Grundwerte seien "stärker als jeder Terror". Insbesondere Christen müssten Terror und Intoleranz bekämpfen.

Nach Worten des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sind Terrorakte durch keine Religion zu rechtfertigen. "Terror ist Gotteslästerung", erklärte der Landesbischof. Er bete für die Opfer und ihre Angehörigen. "Und ich bin sicher, dass jetzt viele Menschen überall im Gebet für die Opfer vereint sind."

"Europäische Werte bewahren"

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, forderte eine schnelle Aufklärung der Hintergründe der Anschläge. Die Angst vor Terroranschlägen dürfe nicht den Alltag bestimmen, erklärte er auf Facebook. "Wir müssen wachsam bleiben, aber uns unsere europäischen Werte und unsere Freiheit bewahren."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, mahnte, die Gesellschaft dürfe sich nicht spalten lassen. Es gelte, "allen Terroristen - egal welcher Couleur" zu entgegnen: "Euch wird der Zorn Gottes und der gesamten Menschheit treffen. Diese Schandtaten werden niemals Erfolg haben."

Der deutschen Moscheen-Dachverband Ditib erklärte, die Anschläge hätten auch bei Muslimen in Deutschland tiefe Trauer ausgelöst. "Wir fühlen mit dem belgischen Volk", betonte Bundesvorstand Bekir Alboga. Terror sei "stets ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

Der Liberal-Islamische Bund rief die Gesellschaft zum Zusammenhalt auf. "Sollten die Anschläge in Brüssel von Muslimen 'im Namen des Islam' verübt worden sein, so sagen wir mit aller Deutlichkeit: es reicht", betonte der Vorstand in Duisburg.

"Blinde, gewalttätige, feige Anschläge"

Nach bisherigen Informationen wurden bei den Explosionen mindestens 31 Menschen getötet und mehr als 260 verletzt. Der belgische Premierminister Charles Michel sprach von "blinden, gewalttätigen und feigen Anschlägen". Die Terror-Warnstufe in Belgien wurde auf die höchste Stufe angehoben. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte sich in einer Interneterklärung zu den Anschlägen von Brüssel bekannt. In der am Dienstag verbreiteten Stellungnahme heißt es, mehrere "Soldaten des Kalifats" hätten mit Sprengstoffgürteln und Sprengkörpern den "Kreuzfahrerstaat Belgien" angegriffen.

Nach den Anschlägen von Brüssel hat Belgien eine dreitägige Staatstrauer angeordnet. Dies teilte Innenminister Jan Jambon laut Medienberichten am Dienstagnachmittag mit. Der Bevölkerung solle damit Gelegenheit gegeben werden, sich an Gedenkveranstaltungen zu beteiligen.

Erst am vergangenen Freitag war der mutmaßliche Top-Terrorist Salah Abdeslam bei einem Großeinsatz der Polizei in der als Islamistenhochburg bekannten Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen worden. Er ist einer der Hauptverdächtigen für die Anschläge in Paris vor vier Monaten mit 130 Todesopfern. Abdeslam war bis zu seiner Festnahme einer meistgesuchten Terrorverdächtigen Europas.

"Feinde aller Werte, für die Europa heute steht"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich überzeugt, dass die freien Gesellschaften stärker als der Terror seien. Die Täter seien "Feinde aller Werte, für die Europa heute steht", sagte sie. Sie sei entsetzt darüber, "was Terroristen den Menschen in Brüssel heute angetan haben" und damit darüber, "was Terroristen uns allen angetan haben". Ebenso grenzenlos wie das Entsetzen sei die Entschlossenheit, den Terrorismus zu besiegen.

Bundespräsident Joachim Gauck verurteilte die Anschläge als "schreckliches Verbrechen". "Deutschland steht angesichts dieser terroristischen Gewaltakte an der Seite Belgiens", schrieb er an König Philippe. 

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz rief die Menschen in der belgischen Hauptstadt auf dem Kurznachrichtendienst dazu auf, an einem sicheren Ort zu bleiben und den Anweisungen der Behörden zu folgen. "Meine Gedanken sind nach diesen abscheulichen Attacken bei Brüssel und seinen Bürgern", twitterte er.


Kardinal Marx und Comece-Sprecherin Touzel (Comece)
Kardinal Marx und Comece-Sprecherin Touzel / ( Comece )

Passagiere und Flughafen-Beschäftigte sind fassungslos / © Olivier Hoslet (dpa)
Passagiere und Flughafen-Beschäftigte sind fassungslos / © Olivier Hoslet ( dpa )

Explosionen in Brüssel: Behörden gehen von Terroranschlägen aus / © Olivier Hoslet (dpa)
Explosionen in Brüssel: Behörden gehen von Terroranschlägen aus / © Olivier Hoslet ( dpa )

Nach den Explosionen an der Metro Station Maelbeek / © Olivier Hoslet (dpa)
Nach den Explosionen an der Metro Station Maelbeek / © Olivier Hoslet ( dpa )
Quelle:
KNA , dpa , DR