Papst verurteilt mutmaßlichen Giftgasanschlag in Syrien

"Ich appelliere an das Gewissen"

Mindestens 72 Menschen sind laut Aktivisten bei einem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien getötet worden. Über die Hintergründe herrscht noch Unklarheit. Papst Franziskus verurteilt indes das "nicht hinnehmbare Massaker" scharf.

Helfer birgt Kind nach mutmaßlichen Giftgasangriff / © Syria Civil Defence/ZUMA Wire (dpa)
Helfer birgt Kind nach mutmaßlichen Giftgasangriff / © Syria Civil Defence/ZUMA Wire ( dpa )

Nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien hat sich Papst Franziskus "entsetzt" geäußert. Bei seiner Generalaudienz auf dem Petersplatz am Mittwoch verurteilte er vor Zehntausenden das "nicht hinnehmbare Massaker" an wehrlosen Personen, darunter vielen Kindern. "Ich appelliere an das Gewissen der politisch Verantwortlichen auf lokaler und internationaler Ebene, dass diese Tragödie endet", sagte er.

Zugleich ermutigte der Papst Hilfskräfte, die "wenngleich unter Unsicherheit und Schwierigkeiten sich bemühen, Hilfe zu den Einwohnern dieser Region gelangen zu lassen".

UN-Sicherheitsrat soll schnell aufklären

Die USA, Frankreich und Großbritannien haben dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, in dem der mutmaßliche Giftgasangriff in Syrien verurteilt und rasch aufgeklärt werden soll. Die zweiseitige Resolution könnte bei der Sitzung des Rats am Mittwoch in New York zur Abstimmung kommen. Unklar ist, wie in diesem Fall Russland und China abstimmen würden, die erst im Februar eine Resolution zu Syrien mit ihrem Veto blockiert hatten.

Sanktionen, etwa gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad, sieht der Resolutionsentwurf nicht vor - diese werden ohne die Nennung des syrischen Regimes lediglich angedroht. Für das mit Syrien verbündete Russland wäre die Resolution damit vertretbarer. Der Entwurf fordert aber detaillierte Angaben über die Lufteinsätze des syrischen Militärs, darunter auch Flugpläne und -bücher vom Dienstag, dem Tag des Angriffs. Auch die Namen der Kommandeure jeglicher Hubschrauberstaffeln des Regimes werden gefordert.

Schnelle Gespräche mit Militär gefordert

Außerdem müsse Syrien Zugang zu relevanten Militärflugplätzen gewähren, von denen laut UN-Untersuchungsteams und der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) möglicherweise Chemiewaffen abgefeuert wurden. Auch Treffen mit Generälen und anderen Offizieren müssten im Rahmen der Untersuchungen innerhalb von höchstens fünf Tagen ermöglicht werden, heißt es in der Resolution, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Bei dem mutmaßlichen Angriff mit Giftgas waren in dem Bürgerkrieg am Dienstag Aktivisten zufolge mindestens 58 Menschen getötet worden, darunter 19 Kinder und elf Frauen.

Steckt syrische Regierung dahinter?

Die USA riefen Russland und den Iran in scharfer Form dazu auf, ihren Einfluss auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geltend zu machen. "Es ist klar, wie Assad operiert: mit brutaler, unverfrorener Barbarei", erklärte US-Außenminister Rex Tillerson in Washington. Die Unterstützer Assads sollten sich keinerlei Illusionen über ihn oder seine Absichten hingeben. Auch Frankreich und Großbritannien sahen die syrische Regierung hinter dem Angriff.

Russland erklärte dagegen, die syrische Luftwaffe habe bei dem Angriff auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Chan Scheichun im Nordwesten des Landes eine Chemiewaffenfabrik getroffen. Es sei ein großes Munitionslager der Terroristen und eine Ansammlung militärischer Geräte ins Visier genommen worden, teilte das Verteidigungsministerium laut Nachrichtenagentur Tass mit. Das gehe aus den Aufnahmen der russischen Luftraumbeobachtungssysteme hervor.

70 Staaten beraten über Hilfsangebote

Auf dem Gebiet der Lagerstätte hätten sich Werkstätten befunden, in denen Geschosse mit chemischen Kampfstoffen produziert worden seien, hieß es weiter. Aus diesem großen Waffenlager seien Chemiewaffen an Kämpfer in den Irak geliefert worden. Rebellen hätten ähnliche Geschosse bereits in Aleppo eingesetzt.

Am Mittwoch wollen Vertreter aus rund 70 Staaten in Brüssel über Hilfsmöglichkeiten für Syrien beraten. Deutschland wird durch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel vertreten. Ziel ist vor allem, Unterstützung für die notleidende Zivilbevölkerung zu organisieren.


Quelle:
KNA , dpa