Paraguays neuer Präsident Fernando Lugo in den Laienstand versetzt

Wenn Priester Politik machen

Erst seit kurzem ist es offiziell: Fernando Lugo, der künftige Präsident Paraguays, ist kein Priester mehr, sondern Laie.
Was wenig spektakulär klingt, war in Wirklichkeit ein langwieriger und Aufsehen erregender Prozess. Denn der katholische Priester Lugo hatte es bis zum Bischof von San Pedro im Zentrum seines Heimatlandes gebracht.

 (DR)

Priester in der Politik - das Kirchenrecht ist da ganz eindeutig: «Öffentliche Ämter anzunehmen, die eine Teilhabe an der Ausübung weltlicher Gewalt mit sich bringen, ist den Klerikern verboten», heißt es in Kanon 285 des 1983 in Kraft getrenenen Gesetzbuchs der katholischen Kirche.

Weil sich Lugo an diese Bestimmungen nicht hielt, ergriff der Vatikan abgestufte Maßnahmen: Schon im Januar 2005 nahm er den Amtsverzicht des Bischofs an, der sich stärker auf sein politisches Engagement konzentrieren wollte. Im Januar 2007 verfügte der Vatikan dann die Suspendierung, nachdem Lugo trotz Mahnung nicht auf eine Präsidentschaftskandidatur verzichtete.

Vor wenigen Wochen schließlich erhielt der designierte Präsident den Dispens des Papstes: Der Heilige Stuhl entband ihn vom geistlichen Stand mit allen seinen Pflichten. Mehr als drei Jahre dauerte es also, bis aus dem Oberhirten seiner Diözese ein weltlicher Führer seines Landes wurde.

Das ganze Verfahren entspricht letzten Endes dem Grundgedanken des modernen katholischen Kirchenrechts, das die im Mittelalter praktizierte Verquickung von geistlicher und weltlicher Herrschaft weit hinter sich gelassen hat. Allerdings ließ der Vorgänger von Benedikt XVI., Papst Johannes Paul II. (1978-2005), Ausnahmen gelten - etwa, wenn dies Gerechtigkeit und Frieden «inmitten von desorientierten und schlecht funktionierenden öffentlichen Institutionen» bewahren half.

Eine solche Motivation spielte etwa bei dem damaligen Erzbischof von Cotonou in Benin, Isidore de Souza, eine Rolle. Der Geistliche übernahm mit Genehmigung des Vatikan ein wichtiges politisches Amt: Als Vorsitzender der Nationalversammlung moderierte er den Übergang des westafrikanischen Landes von einer marxistisch-leninistischen Diktatur zur Demokratie. Wesentlich kritischer verfolgte die Kirche das Wirken des nicaraguanischen Befreiungstheologen Ernesto Cardenal als Kultusminister der sandinistischen Regierung oder das Engagement des Ordensmanns und späteren Präsidenten von Haiti, Jean-Bertrand Aristide.

In Deutschland sorgte zuletzt der Fall des früheren katholischen Stadtdekans von Wiesbaden, Ernst-Ewald Roth, für Schlagzeilen. Er ging im März 2007 als Kandidat der SPD ins Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters der hessischen Landeshauptstadt. Dabei versäumten es die Sozialdemokraten, den in der Zwischenzeit suspendierten Priester fristgerecht beim Wahlleiter für die Wahl anzumelden. Politische Karriere gemacht hat Roth trotz dieses peinlichen Versehens: Mittlerweile sitzt er als Abgeordneter seiner Partei im Hessischen Landtag.

Theologisch gesehen bleibt er ebenso wie die anderen Betroffenen übrigens weiterhin Priester - ungeachtet kirchenrechtlicher Suspendierungen oder der Versetzung in den Laienstand. Denn diese Maßnahmen beziehen sich lediglich auf die Ausübung der priesterlichen Tätigkeit, nicht aber auf das Weiheamt des Priesters.

Ob jedoch Lugo nach seiner Amtszeit, wie von ihm angedacht, tatsächlich in den geistlichen Stand zurückkehren kann, steht auf einem anderen Blatt.