Pater Hagenkord zur Papstreise nach Korea

"Alles, was der Papst sagt, ist hier politisch"

Der Papst trifft in Korea auf eine tief gespaltene Gesellschaft. Die Erwartungen an Franziskus sind groß, nicht nur bei den Katholiken des Landes. Pater Bernd Hagenkord, Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, begleitet den Papst. Ein domradio.de-Interview.

Südkorea: Begeisterung für den Papst (dpa)
Südkorea: Begeisterung für den Papst / ( dpa )

domradio.de: In Seoul herrscht die höchste Sicherheitsstufe außerhalb des Kriegsrechts. Spüren Sie das?

Hagenkord: Ja und nein. Man sieht hier sehr viele Polizisten, aber das ist ja immer so, wenn der Papst unterwegs ist. Es gab gestern einen kleinen Schreck, weil Nordkorea drei Raketen ins Meer gefeuert hat. Das macht hier natürlich jeden nervös, aber ansonsten merkt man nicht so viel davon.

domradio.de: Wird denn der Papstbesuch überhaupt in Seoul thematisiert? Ist das ein Thema in den Fernsehnachrichten zum Beispiel?

Hagenkord: Oh ja, ein ganz großes sogar. Es ist eine der großen Weltgestalten, die jetzt in Korea ist. Das ist natürlich eine Würdigung des Landes. Die Zeitungen sind voll davon, die Seiten 1 bis 10 sicherlich, auch der englischsprachigen, internationalen Zeitungen hier. Man bekommt sehr, sehr viel mit. Mittlerweile sind auch in der Innenstadt große Plakate aufgetaucht, das war im Vorfeld nicht so. Das sind Begrüßungsplakate "Seoul grüßt den Papst" und so weiter.

domradio.de: Anlass der Papstreise sind ja die Jugendtage der asiatischen Katholiken. Ist das sowas wie ein kleiner Weltjugendtag?

Hagenkord: Ein ganz, ganz kleiner. Es sind von den Dimensionen her sicherlich ein paar Tausend, die sich hier treffen, aus ganz Asien. Das hält überhaupt keinem Vergleich stand, will es auch gar nicht sein. Das soll jetzt nicht so eine Großveranstaltung sein wie die Weltjugendtage es sind. Es ist etwas anderes. Asien ist, katholisch gesehen, ein sehr kleiner und sehr junger Kontinent. Da kommen wenige Menschen zusammen, aber deswegen ist es auch sehr viel intensiver und gerade auch, wenn der Papst allen begegnen kann, relativ nah begegnen kann, ist das für die natürlich wunderbar. Das wird gleich passieren in Solmoe bei einem ersten Treffen mit den Jugendlichen.

domradio.de: Die chinesischen Behörden sollen 80 Katholiken an der Teilnahme des 6. Asiatischen Jugendtags mit Franziskus gehindert haben. Was haben Sie davon mitbekommen?

Hagenkord: Die Geschichte habe ich gehört. Das ist als Meldung hier auch vorgelegt worden. Ich weiß aber nicht genau, was da dran ist. Es ist immer ganz schwierig, da zu sagen, das stimmt oder das stimmt nicht. Und auf der anderen Seite will man natürlich solchen Boykotteuren, wenn es das war, nicht zu viel Bühne geben. Ich weiß nicht genau, ob das wirklich stimmt, ich könnte es mir vorstellen, aber ich glaube auch nicht, dass China daran gelegen ist, da noch einen Konflikt aufzumachen. Mit ein bisschen Vorsicht würde ich diese Nachricht schon genießen.

domradio.de: Bei seiner Ankunft hat sich Franziskus ja für mehr Engagement beider Landesteile für Versöhnung und Stabilität ausgesprochen. Wie politisch wurde denn überhaupt das Kirchenoberhaupt bislang auf seiner Reise?

Hagenkord: Hier kann man sich gar nicht äußern, ohne politisch zu werden. Alles, was der Papst sagt, auch wenn es eher geistliche Dinge sind, werden sofort politisch wahrgenommen. Es ist eine gespaltene Gesellschaft und genau in diese Spaltungen hinein wird das natürlich auch interpretiert und gehört. Egal, was der Papst sagt, es ist auf jeden Fall sehr, sehr politisch. Was er gestern zum Thema Diplomatie gesagt hat, zum Thema Geduld, „Stärke ist kein Weg zur Lösung“ usw. – da hat er also relativ klar und deutlich die Probleme angesprochen und das, was hier die Probleme hervorruft. Das wird leider hier immer auf den jeweils anderen projiziert. Ich habe mit Südkoreanern gesprochen, natürlich nicht mit Nordkoreanern, und die sagen, damit habe er auf jeden Fall den Norden gemeint. Das ist schon schwierig, da diese Selbstblockade des Landes zu durchbrechen, aber politisch ist das hier alles.

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR