Pater Nikodemus beschreibt Deutschlandbild im Heiligen Land

"Israelis und Palästinenser lieben Deutschland"

Pater Nikodemus Schnabel ist Prior-Adminstrator der Dormitio-Abtei in Jerusalem. Im Interview erzählt er, wie die Wahl der AfD in Deutschland im Heiligen Land aufgenommen worden ist und wie Deutschland generell gesehen wird.

Blick auf Jerusalem und den Tempelberg / © Harald Oppitz (KNA)
Blick auf Jerusalem und den Tempelberg / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie schauen die Israelis auf das Deutschland des Jahres 2017?

Pater Nikodemus Schnabel (Dormitio Abtei): Es gibt eine unglaubliche Sympathie für Deutschland - auch wenn das vielleicht viele überrascht. Das gilt sowohl für die Israelis als auch für die Palästinenser. Beide Seiten des Konfliktes haben eine große Deutschlandliebe. 

Weil beide Seiten spüren, dass Deutschland ein aufrichtiges Interesse hat und seiner historischen Verantwortung gerecht wird und sich konkret für diese Region einsetzt. Auch wenn die Geschichte, die uns zusammenkettet, die Beziehung nie normal werden lassen wird.

Sympathien für die Wehrmacht: AfD-Vize Gauland / © Ralf Hirschberger (dpa)
Sympathien für die Wehrmacht: AfD-Vize Gauland / © Ralf Hirschberger ( dpa )

Natürlich ist man aber in politischen Dingen nicht immer einer Meinung. Deutschland kritisiert die Siedlungspolitik Israels sehr klar und eindeutig, Israel weiß darum und hört sich das auch immer eher widerwillig an. Aber man weiß, die Grundlagen der Deutsch-Israelischen Beziehungen sind doch sehr stabil und gut. Viele Israels lieben besonders Berlin, die deutsche Kulturszene und auch den deutschen Fußball. Auch das deutsche Bier.

DOMRADIO.DE: Nun ist aber die AfD mit rechtspopulistischen Thesen in den Bundestag eingezogen. Wie wird da reagiert?

Schnabel: Die Wahl wurde sehr genau beobachtet - auch weil es in vielen anderen europäischen Ländern schon sehr erfolgreiche rechtspopulistische Parteien gibt. Und auf Deutschland wird dann doch besonders sensibel hingeschaut, wie sich die politische Landschaft darstellt. Das sollten wir Deutschen aber auch tun. Insofern wurde das AfD-Ergebnis mit großer Sorge aufgenommen. Man befürchtet, dass nun wieder rechtes Gedankengut hoffähig wird.

Es wird schon sehr genau wahrgenommen, wenn auf einmal ein Spitzenkandidat meint, die Deutschen sollten stolz auf die Wehrmacht sein, wenn das Shoah-Denkmal in Berlin als Denkmal der Schande bezeichnet wird, wenn sich die drittstärkste Partei im Bundestag gegen die Beschneidung und gegen das Schächten positioniert. 

Da sagen viele meiner jüdischen Freunde: Diese Leute könnten noch so viele nette Botschaften gegenüber Israel aussenden, aber eine Partei, die diese beiden Dinge verbieten will, verunmöglicht jüdisches Leben in Deutschland und damit ist das ganz klar eine antisemitische Partei.

Das Interview führte Verena Tröster.

 

Quelle:
DR