Patientenschützer: Mehr Verbraucherschutz bei ambulanter Pflege

Große Versorgungslücke

Der Personalmangel in der Pflege betrifft nicht nur Heime. Immer mehr Pflegebedürftige finden auch keinen ambulanten Pflegedienst mehr. Patientenschützer warnen vor Willkür in einem angespannten Markt.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Alte und kranke Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, möchten am liebsten in den eigenen vier Wänden gepflegt werden. Doch glaubt man aktuellen Meldungen, finden mittlerweile Hunderte Pflegebedürftiger in Deutschland keinen Pflegedienst mehr.

So teilte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) kürzlich mit, dass sich in der ambulanten Pflege im Saarland, in Niedersachsen und in NRW eine "immer größer werdende Versorgungslücke" auftue. Im Saarland hätten innerhalb von zwei Monaten fast 500 Anfragen abgelehnt werden müssen, weil die benötigten Fachkräfte fehlten. In Niedersachsen würden jeden Monat 5.000 Pflegebedürftige abgewiesen.

Warnung vor Abhängigkeit

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte am Dienstag in Dortmund, dass viele der bundesweit 13.300 Dienste Anfragen wegen Personalmangels ablehnen müssten. Wer das Glück habe, einen ambulanten Dienst zu finden, werde dann oft in besonderem Maß abhängig und akzeptiere schnell alle Bedingungen, warnte Vorstand Eugen Brysch im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). So träten immer wieder Fälle auf, in denen ambulante Pflegedienste kurzfristig den Pflegevertrag kündigen. "Es braucht klare Regeln, damit Pflegebedürftige nicht Opfer der Willkür eines angespannten Marktes werden."

Die Patientenschützer fordern deshalb ein eigenständiges Bundesgesetz für ambulante Pflegedienste - nach dem Beispiel des seit 2009 geltenden Gesetzes für Pflegeheimverträge. Die Stiftung übersandte den zuständigen Bundestagsabgeordneten dazu am Dienstag ein Eckpunktepapier. Das Anliegen dürfte auf offene Ohren stoßen. Denn Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag bereits vereinbart, Verbraucherrechte bei ambulanten Pflegeverträgen zu stärken. Brysch appellierte an Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Pflegebedürftigen "auf Augenhöhe mit den ambulanten Pflegediensten zu bringen".

Lücken im Gesetz

Zwar schließen Pflegebedürftige und ambulante Dienste schon heute einen Pflegevertrag. "Doch die gesetzlichen Anforderungen an solche Verträge sind lückenhaft", beklagen die Patientenschützer. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch regele zwar detailliert das soziale Mietrecht; vergleichbare gesetzliche Vorschriften zum Schutz der pflegebedürftigen Menschen aber fehlten.

Wer selber Erfahrungen mit pflegebedürftigen Angehörigen hat, weiß: Wird die Unterstützung eines Pflegedienstes oder der Wechsel eines Dienstes nach Kündigung notwendig, ist oft Eile geboten. Alle Beteiligten sind durch die akute Krankheits- und Pflegesituation schwer belastet. "Bisweilen unterzeichnen sie vorschnell einen Pflegevertrag, selbst ohne die eigenen Rechte und Pflichten hinreichend zu kennen. Auch informieren die Pflegedienste oft nicht umfassend", fassen die Patientenschützer Erkenntnisse aus zahlreichen Beratungsgesprächen zusammen.

Letzter Ausweg: Umzug ins Pflegeheim

Erhöht etwa der Pflegedienst kurzfristig oder gar rückwirkend das Entgelt, geraten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen schnell in eine schwierige Situation. Wenn ein Pflegevertrag kurzfristig gekündigt wird, muss schnellstmöglich Ersatz gefunden werden. "Aufgrund der angespannten Marktlage ist dies oft nicht möglich. Findet sich kein neuer Pflegedienst und können Angehörige nicht einspringen, bleibt als letzter Ausweg nur der Umzug in ein Pflegeheim", beschreibt das Eckpunktepapier die Situation.

Die Patientenschützer formulieren konkrete Anforderungen an ein Bundesgesetz: So sei verbindlich festzuschreiben, dass Pflegedienstverträge ausschließlich schriftlich, standardisiert und verständlich sein müssen. Leistungsbeschreibungen hätten transparent und vergleichbar zu sein. «Auch darf der Anbieter den Vertrag nur mit einer Frist von mindestens sechs Wochen kündigen können. Nur so hat der Pflegebedürftige die Chance, rechtzeitig eine Alternative zu finden», betonte Brysch. Ebenso soll eine Preiserhöhung nur noch nach rechtzeitiger Ankündigung und Begründung möglich sein.


Quelle:
KNA