Patriarch ermahnt Politiker und Geistliche im Irak

Nach Sturm auf Parlament

Am Wochenende stürmten Demonstranten das Parlament. Die Gesellschaft ist tief gespalten. Im Irak spielen dabei auch einflussreiche Geistliche eine Rolle. Patriarch Kardinal Louis Raphael Sako mahnt zum Dialog.

Ein Demonstrant schwenkt in einem Raum des irakischen Parlament eine Fahne. Hunderte Anhänger des schiitischen Geistlichen al-Sadr haben das irakische Parlamentsgebäude besetzt. / © Ameer Al-Mohammedawi (dpa)
Ein Demonstrant schwenkt in einem Raum des irakischen Parlament eine Fahne. Hunderte Anhänger des schiitischen Geistlichen al-Sadr haben das irakische Parlamentsgebäude besetzt. / © Ameer Al-Mohammedawi ( dpa )

Der chaldäische Patriarch Kardinal Louis Raphael Sako hat angesichts der politischen Krise im Irak eindringlich zu einem nationalen Dialog ermahnt. Er forderte in einer Erklärung vom Sonntag die politischen Führer und religiösen Autoritäten auf, ihre Blockadepolitik zu beenden, bevor es zu einem "Tsunami" kommen könnte, "der alles hinwegfegt". Einmal mehr beklagte der Patriarch eine grassierende Korruption im Land und eine Politik, die nur am Vorteil der eigenen Klientel orientiert sei.

Kardinal Louis Raphael I Sako / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Louis Raphael I Sako / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Seit den Parlamentswahlen im Herbst tobt im Irak ein erbitterter Machtkampf; die Gesellschaft ist tief gespalten. Der Konflikt erreichte am Wochenende mit Demonstrationen in der Grünen Zone in Bagdad und der Stürmung des Parlaments durch Anhänger des einflussreichen schiitischen Geistlichen Moktada al-Sadr einen neuen Höhepunkt.

Pattsituation ohne neue Regierung

Mit den Protesten will die Sadr-Bewegung verhindern, dass ihre ebenfalls schiitischen politischen Gegner um Ex-Regierungschef Nuri al-Maliki eine Regierung bilden können. Die Rivalen des 47-jährigen Religionsführers al-Sadr hatten vor kurzem einen eigenen Kandidaten als Ministerpräsidenten vorgestellt. Aus Sicht Sadrs steht aber der für das Amt vorgesehene ehemalige Minister Mohammed Shia al-Sudani Ex-Regierungschef Maliki viel zu nahe. Sadr und Maliki sind verfeindet. Zudem sympathisieren Maliki und dessen Allianz offen mit dem Nachbarland Iran. Sadr wiederum möchte den Einfluss der Führung in Teheran zurückdrängen.

Fast zehn Monate nach der Parlamentswahl befindet sich der Irak in einer Pattsituation ohne neue Regierung. Sadrs Bewegung ging aus den Wahlen als klare Siegerin hervor, verfehlte aber die wichtige Zweidrittelmehrheit, die für die Präsidentenwahl erforderlich ist. Erst mit Unterstützung des Präsidenten kann eine neue Regierung gebildet werden. Unzufriedenheit und Frust in der irakischen Gesellschaft über weitere zehn Monate politischen Stillstands wachsen beständig.

Quelle:
KNA