Patriarch Rai will rechtzeitige Präsidentenwahl im Libanon

Bildung einer "fähigen neuen Regierung" nötig

Das Oberhaupt der größten Christengemeinschaft im Libanon, Kardinal Bechara Rai, drängt auf die rechtzeitige Wahl eines neuen Staatspräsidenten. Erforderlich sei ein Kandidat, der von allen Libanesen unterstützt werden könne.

Kardinal Bechara Boutros Rai / © Paul Haring (KNA)

Zudem müsse dieser die Werte des Landes voranbringen, sagte Rai am Sonntag in Beirut. Als Patriarch der maronitischen Christen hat er eine gewichtige politische Stimme im Land.

Papst Franziskus empfängt Michel Aoun / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus empfängt Michel Aoun / © Vatican Media/Romano Siciliani ( (Link ist extern)KNA )

Am 31. Oktober läuft die Amtszeit von Präsident Michel Aoun aus, der nicht wiedergewählt werden kann. Aoun hat in Aussicht gestellt, über diesen Termin hinaus im Präsidenten-Palast von Baabda bleiben zu wollen. Denn die Wahl eines Nachfolgers setze ein ordnungsgemäß installiertes Parlament und eine funktionstüchtige Regierung voraus.

Beides sei nach den Parlamentswahlen von Mai noch nicht gewährleistet, sagte Aoun.

"Fähige neue Regierung"

Rai forderte eindringlich die Bildung einer "fähigen neuen Regierung". Mit den Parlamentswahlen hatte die schiitische Hisbollah einen Teil ihrer Macht eingebüßt, progressivere Kräfte waren gestärkt worden. Seither wird das Land von einer provisorischen Regierung unter Premier Nadschib Miqati geführt.

Flagge von Libanon (shutterstock)

Nach dem festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit. Der Libanon leidet derzeit unter einer enormen Wirtschaftskrise. Lebensmittel-, Energie- und Wasserpreise sind von den Familien kaum noch zu verkraften. Zudem ist die medizinische Versorgung mangelhaft.

Ungeklärte Frage um die Seegrenzen

Für einen internationalen politischen Streit sorgt unterdessen die noch ungeklärte Frage um die Seegrenzen zwischen Israel und dem Libanon vor der Küste, wo Erdöl- und Erdgasvorkommen lagern. 

Israel hatte vorige Woche angekündigt, in den nächsten Tagen einen Probebetrieb in dem von ihm beanspruchten Karisha-Feld aufzunehmen. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat für diesen Fall mit einem Raketenbeschuss der Plattform gedroht.

Der Libanon und Israel unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Eine mögliche Vereinbarung über die Nutzung der Bodenschätze war in den vergangenen Wochen durch die USA vorangetrieben worden. Details sind noch nicht bekannt.

Libanon

Der Libanon ist geprägt durch das Nebeneinander zahlreicher Religionen. Mit etwa 30 Prozent hat die parlamentarische Demokratie den größten Anteil Christen in der Arabischen Welt. Die Muslime - Sunniten und Schiiten - machen inzwischen wohl mehr als 60 Prozent aus. Offiziell anerkannt sind 18 Religionsgemeinschaften, darunter die Minderheiten der Drusen und Alaviten.

Symbolbild: Flagge des Libanon / © Yulia Grigoryeva (shutterstock)