Zudem müsse dieser die Werte des Landes voranbringen, sagte Rai am Sonntag in Beirut. Als Patriarch der maronitischen Christen hat er eine gewichtige politische Stimme im Land.
Am 31. Oktober läuft die Amtszeit von Präsident Michel Aoun aus, der nicht wiedergewählt werden kann. Aoun hat in Aussicht gestellt, über diesen Termin hinaus im Präsidenten-Palast von Baabda bleiben zu wollen. Denn die Wahl eines Nachfolgers setze ein ordnungsgemäß installiertes Parlament und eine funktionstüchtige Regierung voraus.
Beides sei nach den Parlamentswahlen von Mai noch nicht gewährleistet, sagte Aoun.
Bildung einer "fähigen neuen Regierung" nötig
Rai forderte eindringlich die Bildung einer "fähigen neuen Regierung". Mit den Parlamentswahlen hatte die schiitische Hisbollah einen Teil ihrer Macht eingebüßt, progressivere Kräfte waren gestärkt worden. Seither wird das Land von einer provisorischen Regierung unter Premier Nadschib Miqati geführt.
Nach dem festgelegten Religionsproporz muss der libanesische Staatspräsident maronitischer Christ sein, der Ministerpräsident Sunnit und der Parlamentspräsident Schiit. Der Libanon leidet derzeit unter einer enormen Wirtschaftskrise. Lebensmittel-, Energie- und Wasserpreise sind von den Familien kaum noch zu verkraften. Zudem ist die medizinische Versorgung mangelhaft.
Ungeklärte Frage um die Seegrenzen
Für einen internationalen politischen Streit sorgt unterdessen die noch ungeklärte Frage um die Seegrenzen zwischen Israel und dem Libanon vor der Küste, wo Erdöl- und Erdgasvorkommen lagern. Israel hatte vorige Woche angekündigt, in den nächsten Tagen einen Probebetrieb in dem von ihm beanspruchten Karisha-Feld aufzunehmen.
Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat für diesen Fall mit einem Raketenbeschuss der Plattform gedroht.
Der Libanon und Israel unterhalten keine diplomatischen Beziehungen.
Eine mögliche Vereinbarung über die Nutzung der Bodenschätze war in den vergangenen Wochen durch die USA vorangetrieben worden. Details sind noch nicht bekannt.