General Aoun sei dem Volk in seiner Wahl zum Präsidenten 2016 praktisch "aufgezwungen" worden, sagte er laut Bericht der Zeitung "L'Orient le Jour" (Donnerstag) in einem Interview des staatlichen Senders "Tele Liban". "Die Republik hat angehalten, um ihn zu wählen, was undemokratisch, illegal und verfassungswidrig ist", so der Kardinal.
Republik wurde blockiert
Aoun war 2016 nach zwei Jahren Vakanz ins Präsidentenamt gewählt worden. Rai kritisierte das Prozedere der damaligen Wahl. Es müssten mindestens zwei Kandidaten zur Wahl vorgeschlagen werden. Man habe die Republik blockiert, "um soundso zu wählen", so Rai.
Zugleich kritisierte er den Anspruch des aounistischen Lagers als verfassungswidrig, dass der Führer der mitgliederstärksten christlichen Parlamentsfraktion zum Präsidenten der Republik gewählt werde.
"In Freiheit und Gewissen" wählen
Der Ausgang der bevorstehenden Parlamentswahlen habe auch Auswirkungen auf die Neuwahl eines Präsidenten im Oktober, da das Staatsoberhaupt von den Abgeordneten gewählt werde, so der Kardinal laut Bericht.
Erneut mahnte er die Libanesen, "in Freiheit, Gewissen und aus eigener Entscheidung zu wählen", ohne sich äußerem Druck aussetzen zu lassen. Wenn die Wähler wie Schafe wählen, wird es keine Veränderung geben", warnte er.
Staat dürfe nicht zwei Mächte haben
Kritik übte Rai auch an der Hisbollah, dem schiitischen Verbündeten Aouns, sowie deren Waffen. Ein Staat dürfe nicht zwei Mächte und zwei Armeen haben. Durch die "Präsenz einer ihm angegliederten Miliz, der Hisbollah", habe der Iran als Pate der schiitischen Partei die Souveränität des Landes verletzt.
Das Oberhaupt der maronitischen Kirche erneuerte in diesem Zusammenhang seine Forderungen nach einem neutralen Libanon und der Einhaltung der verschiedenen internationalen Resolutionen, die die Entwaffnung der Hisbollah vorsehen.