Pax Christi kritisiert Pläne zur Wehrpflicht

"Das zeigt ja, dass irgendwas nicht richtig funktioniert"

Die CDU hat ihr neues Grundsatzprogramm verabschiedet. Unter anderem will sie schrittweise zur Wehrpflicht zurückkehren, um die Bundeswehr zu stärken. Von dieser Idee hält der Pax Christi-Diözesanvorsitzende Martin Pilgram wenig.

Kommt die Wehrpflicht zurück? / © Torsten Kraatz/Bundeswehr (dpa)
Kommt die Wehrpflicht zurück? / © Torsten Kraatz/Bundeswehr ( dpa )

DOMRADIO.DE Was dachten Sie, als Sie diese CDU Grundsatzprogramm Punkte gelesen haben, dass die Wehrpflicht wieder eingeführt werden möge? 

Martin Pilgram (Pax Christi-Diözesanvorsitzender von München Freising): Ich hatte eigentlich damit gerechnet. Nachdem ja schon in der SPD mit Verteidigungsminister Pistorius solche Themen in die öffentliche Diskussion gebracht wurden, war ich etwas erstaunt, dass man nicht gleich die Wehrpflicht wieder einführen wollte. Also dass man nur schrittweise die Aussetzung wieder aufheben will. Man geht erst langsam daran, um nicht gleich den großen Aufschrei in der Bevölkerung zu hören. Mal sehen, wie sich das dann am Ende wirklich realisieren lässt. 

DOMRADIO.DE: 2011 sind praktisch alle nötigen Strukturen für eine Wehrpflicht aufgelöst worden. Gesetzlich blieb weiter festgelegt, dass die Wehrpflicht für Männer "im Spannungs- und Verteidigungsfall" wiedereingesetzt werden kann. Haben wir jetzt einen Spannungs- und Verteidigungsfall? 

Pilgram: In dem Grundsatzprogramm steht ja "angesichts der Bedrohungslage". Von daher nehme ich an, dass manche dieser Meinung sind und das so sehen. Ich denke, man sollte lieber wirklich mal Ruhe bewahren und überlegen: Was brauchen wir und was brauchen wir nicht? Und ob wir dann mit einer Wehrpflicht zu mehr Leuten in der Bundeswehr kommen und ob wir diese heute auch wirklich brauchen…. Als man damals den Abschied eingeläutet hat, hat man ja auch davon gesprochen, dass man in dieser Kürze der Zeit, die die Wehrpflicht dauerte, die Soldaten gar nicht so ausbilden kann, wie man sie am Ende braucht. 

CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz winkt nach seiner Rede beim CDU-Bundesparteitag am 06.05.2024 in Berlin. Beim Parteitag der Union wird die Führungsspitze neu gewählt und ein neues Grundsatzprogramm beschlossen. / © Carsten Koall (dpa)
CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz winkt nach seiner Rede beim CDU-Bundesparteitag am 06.05.2024 in Berlin. Beim Parteitag der Union wird die Führungsspitze neu gewählt und ein neues Grundsatzprogramm beschlossen. / © Carsten Koall ( dpa )

DOMRADIO.DE: Gucken wir auf dieses "stufenweise“, das Sie eben schon angesprochen haben. So ein "verpflichtendes Gesellschaftsjahr" klingt doch eigentlich gar nicht so schlecht, oder? 

Martin Pilgram: Nein. Aber alles das, was verpflichtend ist, zeigt ja, dass irgendwas nicht richtig funktioniert. Und der erste Schritt sollte sein, dass man sich bemüht, wirklich die Sachen, die man braucht, auch so zu erreichen. Bei der Aufstockung der Bundeswehr, die manche Leute für nötig halten, hat man das in der Vergangenheit auch nicht dadurch erreicht, dass man in Schulen und andere Einrichtungen gegangen sind und für die Bundeswehr geworben hat. Wie soll das dann in Zukunft passieren? 

DOMRADIO.DE: Passt diese Idee der Veränderung also sprich der Wiedereinführung der Wehrpflicht zum C im Namen der CDU? 

Martin Pilgram

"Im Zivildienst oder in einem Sozialdienst ist mehr 'C' als an der Wehrpflicht."

Pilgram: Naja, die Wehrpflicht war vorher auch da, da hatte die CDU auch ein C im Namen, von daher kann ich dazu nichts sagen. Wir von Pax Christi haben vor Jahren, also bestimmt vor 30 oder noch mehr Jahren, den Beschluss gefasst, dass für uns Zivildienst oder ein vergleichender Sozialdienst sehr viel näher an einem C ist als Wehrpflicht. 

DOMRADIO.DE: Was wären Ihre Befürchtungen, wenn das Aussetzung der Wehrpflicht jetzt tatsächlich beendet würde? 

Pilgram: Befürchtungen habe ich keine, aber man muss auch sehen, dass das teuer wird. Auch weil ja die ganzen Strukturen nicht da sind. Man wird auch keine Wehrpflicht nur für Männer einführen. Es wird dann für Männer und für Frauen sein. Ansonsten geben wir ja auch schon in anderen Bereichen sehr viel mehr Geld aus für –sagen wir mal - Verteidigung. Manche sagen für Kriegsführung. Ich denke, das wird auch eine Spannung erzeugen, wo das Geld, was zur Verfügung steht, wirklich eingesetzt wird. Eine Diskussion darüber ist sicher nötig. Ich denke, da ist eine Diskussion darüber nötig. 

Zerstörte Kirche in der Ukraine / © Drop of Light (shutterstock)
Zerstörte Kirche in der Ukraine / © Drop of Light ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie sind der Diözesanvorsitzende in München Freising. Denken Sie, dass Pax Christi als großes Ganzes sich mit dieser Idee der Wiedereinführung der Wehrpflicht bald noch beschäftigen wird?

Pilgram: Ja, sicher, das muss man ja. In Pax Christi ist das sicher ein Thema. Man muss sich heute zu solchen Aussagen, ob sie jetzt von der CDU kommen oder von der SPD kommen, positionieren- Und ich zweifele nicht daran, dass es eine klare Position der Ablehnung sein wird. 

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Pax Christi

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. (pax christi)

Friedenstauben (dpa)
Friedenstauben / ( dpa )

 

Quelle:
DR