DOMRADIO.DE: Warum ist es so wichtig, den Appell "Nie wieder Krieg!" wieder und wieder zu wiederholen?
Armin Lauven (Pax Christi Bonn): Da gibt es unterschiedliche Antworten darauf. Wenn ich heute die Tageszeitung bei uns in Bonn aufschlage, dann wird dort der Papst zitiert, der Dritte Weltkrieg finde statt. Es wird gemeldet, dass von unserer Bundesregierung Rüstungsexporte für fünf Milliarden genehmigt worden seien. Zwei wichtige Persönlichkeiten sind verstorben: Gorbatschow, ein Weltveränderer und Ströbele, ein Widerspenstiger.
Der Stichtag zum 1. September 1939 mahnt uns, dass es nie wieder Krieg geben darf. Von deutschem Boden aus darf nie wieder Krieg ausgehen. Für unsere aktuelle Politik bedeutet das natürlich einiges. Das heißt, Abrüsten statt Aufrüsten, Atombombenabzug und ein Ende nuklearer Teilhabe sowie ein Ende von Rüstungsexporten. Natürlich gehören auch ein gerecht gestalteter globaler Welthandel und ökologisch verträgliches Wirtschaften dazu.
Das hat auch Bezug zu den Waffenlieferungen in die Ukraine. Rüstungsexport ist ja ein Thema, was angesichts der Kriege in der Welt, wie zum Beispiel in Syrien, Jemen, Sudan, Irak und so weiter auf der Tagesordnung steht. Von daher müssen wir auch in Bonn, in der Provinz zum 1. September auf die Straße gehen und diesem Anliegen "Nie wieder Krieg!" folgen.
DOMRADIO.DE: Viele befürworten die Waffenlieferungen in die Ukraine, weil die Leute sagen: Wir müssen der Ukraine helfen, sich gegen den Aggressor zu verteidigen. Was finden Sie daran falsch?
Lauven: Aggression mit militärischen Mitteln zu begegnen, funktioniert nicht. Das zeigt die Erfahrung seit 1945. Es bedarf anderer Mittel und anderer Lösungswege. Es ist unbestritten ein Angriffskrieg und die ukrainische Bevölkerung leidet. Sie bedarf unserer Solidarität und Unterstützung, aber ob das Waffen und konkret unsere deutschen Waffen leisten können, ist doch sehr infrage zu stellen.
Wie wir sehen, führen diese Waffen, die auch aus Deutschland geliefert werden, zu einer Eskalation und nicht zum Frieden. Andere Mittel und Wege sind gefragt. Die Diplomatie ist gefragt.
Es gibt am Horizont vielleicht das eine oder andere Schimmerchen an Hoffnung. Das Treffen von Guterres mit Erdogan ist so ein Beispiel. Da wurde ausgehandelt, dass Schiffe gefüllt mit lebenswichtigem Getreide durch das Schwarze Meer fahren dürfen. Auf so etwas muss der Akzent gesetzt werden. Da sehen wir auch unsere politisch Verantwortlichen hier in Deutschland in der Pflicht.
DOMRADIO.DE: Ist das nicht ein naiver Blick auf die Wirklichkeit?
Lauven: Es ist unbestritten, dass das ein naiver Blick auf die Wirklichkeit ist. Ich war gestern mit meinen Freundinnen und Freunden der Pax Christi-Bewegung beim Gottesdienst. Dort wurde uns aus der Bergpredigt vorgetragen. Es wurde aus dem Buch Micha vorgetragen. Jetzt kann man natürlich die Heilige Schrift denunzieren und sagen "Ja, das ist naiv".
Aber wenn ich das, was in der Bergpredigt steht, als Christ ernst nehme, dann darf ich mich vor einem Aggressor, Kriegsverbrecher, Mörder und welche Attribute das sind, die sicher zurecht Putin zugeschrieben werden, so einer Frage nicht aussetzen, sondern muss dagegenhalten. Gerade wir Christen verkörpern doch durch unser politisches Engagement diese Hoffnung, dass Gewalt und Krieg auf dieser Welt in anderer Weise angegangen und gelöst werden müssen als durch Waffen und Krieg.
DOMRADIO.DE: Was genau planen Sie für Ihre Demonstration heute um 18 Uhr auf dem Bonner Friedensplatz?
Lauven: Gisela Ruppert, eine ältere Dame aus unserer Pax Christi Gruppe, wird eine Rede halten. Es wird jemand von Attac zu uns sprechen. Es wird jemand von der Antikriegs-AG sprechen. Wir werden uns dann zu einem kleinen Demonstrationszug formieren und einen kleinen Rundweg durch die beschauliche Bonner Fußgängerzone durchführen. Wir werden am Markt am Alten Rathaus einen kurzen Stopp einlegen.
Dort wird ein Vertreter des Arbeitskreises Krieg und Frieden etwas zum größeren Zusammenhang sagen und noch mal am Stichtag des 1. September andocken. Auf den Bonner Marktplatz sind die Bücher der geächteten Schriftsteller der Nazizeit eingelassen. Die Bücher wurden dort verbrannt. Wir werden dann zum Friedensplatz zurückkehren und uns dann voneinander verabschieden. Das ist geplant.
Das Interview führte Heike Sicconi.