"Verehrte, liebe Gläubige in der Diözese Mainz, Schwestern und Brüder!
In den vergangenen Tagen kam mir immer wieder eine Stelle aus dem 1. Korintherbrief des Apostels Paulus in den Sinn: 'Als ich zu euch kam, Brüder und Schwestern, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes zu verkündigen. Zudem kam ich in Schwäche und in Furcht, zitternd und bebend zu euch.'
Auch wenn der Tag der Bischofsweihe noch etwas entfernt liegt, konnte ich das Beben und Zittern leibhaftig spüren, denn nach und nach wird mir bewusst, welche große und auch herausfordernde Aufgabe auf mich wartet. Der Blick auf meine großen Vorgänger im Amt macht es nicht leichter. Bei allem, was am Anfang wie ein großer Berg vor mir steht, den es zu erklimmen gilt, finde ich bei Paulus jedoch auch unendlich ermutigende Gedanken: Es geht darum, 'das Große zu verkünden, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.'
Und er liebt nicht nur die Frommen, sondern alle Menschen. Es schenkt dann eine große Gelassenheit, wenn ich mir bewusst mache, dass es im letzen nicht um mich geht, sondern um die Liebe Gottes, die ich verkünden darf. Und Paulus macht seine Gemeinde in demselben Brief darauf aufmerksam, dass er als Apostel nichts vermag, wenn die vielen Getauften nicht ihre Geistesgaben in die Kirche und in die Welt einbringen. Bischof ist man mit anderen und für andere, eine Gemeinschaft, ja, ein Leib, dessen Glieder füreinander da sind.
An diesem Tag möchte ich wirklich von ganzem Herzen Danke sagen.
Unserem Heiligen Vater, Papst Franziskus, dessen Bemühen um eine dienende Kirche in der Welt von heute ich mich sehr verbunden fühle.
Ein Dank dem Apostolischen Nuntius, Erzbischof Eterovic.
Den Mitbrüdern des Domkapitels einen herzlichen Dank für ihr Vertrauen und den Zuspruch und die Hilfe, die ich in den vergangenen Tagen erfahren habe. Ich freue mich auf gute Zusammenarbeit mit Ihnen, dem Weihbischof Dr. Udo Bentz und allen Mitbrüdern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bistum Mainz.
In den vergangenen fünf Jahren bin ich im Bistum unterwegs gewesen und habe geworben für eine Neuausrichtung der Diakonie, und wir sind in verschiedenen Dekanaten auf dem Weg, nach den Kernaufgaben der Kirche zu suchen und diese zu leben. Dabei habe ich hochkompetente Menschen kennengelernt. Ich freue mich auf die zukünftigen Begegnungen mit Ihnen allen! Die Gläubigen in 'meiner' Pfarrgruppe Wörrstadt haben mir Heimat gegeben, und ich bin überzeugt, dass in den Pfarrgruppen unseres Bistums viele überzeugende und engagierte Menschen leben, auf die Verlass ist. Die Arbeit an der Katholischen Hochschule hat mir viel Freude gemacht. Danke! Dass ich den Kolleginnen und Kollegen, den Studentinnen und Studenten nun einen unvorhersehbaren schnellen Abschied zumute, tut mir Leid.
Ein Bischof bleibt ein normaler Mensch, der Hilfe und Weggefährten braucht. Ich bitte alle, die bei uns im Bistum leben, die kommenden Wege gemeinsam mit mir zu gehen. Es ist dabei wichtig, nicht übereinander zu reden, sondern das offene Gespräch miteinander zu suchen. Die Erfahrung zeigt, dass sich konstruktive Lösungen dort eröffnen, wo Menschen sich respektvoll und interessiert begegnen und nicht schon die Wahrheit für sich gepachtet haben. Ich bitte Sie herzlich um Ihr Mittun, Mitdenken, Mitbeten und -glauben, und die Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen, die Zukunft zu gestalten.
Viele fragen sich, wie sich denn der neue Bischof die Zukunft des Bistums Mainz und seiner Gemeinden vorstellt. Als Pastoraltheologe habe ich mir über derartige Fragen viele Gedanken gemacht, und dennoch stehe ich nicht mit einer fertigen Lösung vor Ihnen. Jedes fertige Rezept verschließt andere gute Möglichkeiten und Ideen. In den verschiedenen Gremien und mit den Verantwortlichen werden wir zu überlegen beginnen, wie es gehen kann, Ressourcen und Chancen größerer Einheiten zu entdecken und gleichzeitig als Gemeinde Jesu Christi vor Ort lebendig zu bleiben; wie es gehen kann, Menschen in jedem Ort zu befähigen, ihren Glauben zu feiern, zu verkünden und in der Nächstenliebe zu handeln.
Ich komme mit einer großen Hoffnung, dass das mit Gottes Hilfe gelingen wird. Ich weiß, dass gläubige Menschen in den Orten und Gemeinden bereit sind, Jesus ein Gesicht zu geben. Das erste Bemühen wird immer sein, nicht über Strukturen nachzudenken, sondern Menschen zu ermutigen, sich auf die Spuren des Heiligen Geistes in ihrem Leben zu besinnen und so zu Menschen des Glaubens und der Liebe zu werden.
Als Kirche sollten wir uns da einander helfen. Da wird es so viele Wege geben, wie es Menschen gibt.
Sie kennen meinen Namen, meine Herkunft, meinen Werdegang und einige Daten. Daraus können Sie sich schon ein vorläufiges Bild machen. Die Herkunft aus Köln lässt Sie vielleicht schon ahnen, dass die rheinische Lebensart mir Mainz sehr sympathisch macht. Vor Fassenacht und Fußball ist mir grundsätzlich nicht bange!
Mein Vater war Maurer. Als Kind habe ich oft dabei zusehen können, wie mit Hilfe seiner Arbeit ein Haus entsteht, langsam, geduldig, Stein auf Stein, und am Ende solide gebaut. Vielleicht ist das keine schlechte Erfahrung für einen Bischof. Die Kirche ist ein Haus aus lebendigen Steinen, es braucht Geduld, einen Plan, Sorgfalt. Am Ende steht ein Haus, das man bewohnen kann. Papst Franziskus erinnert uns dann aber auch daran, dass wir Christus nicht in unsere schönen Häuser einschließen dürfen. So wichtig ein Haus, eine Heimat im Glauben ist, werden wir uns doch auf die Straßen begeben müssen, um Menschen zu begegnen, und für sie da zu sein. Ich bin gespannt, wie uns das gelingt.
Meine Mutter, die auch bereits verstorben ist, war Krankenschwester, nach dem Tod des Vaters hat sie als Nachtschwester in einem Kölner Krankenhaus gearbeitet. Mein älterer Bruder kam in das Alter, in dem er nicht mehr auf den Kleineren aufpassen wollte, so war ich oft mit im Krankenhaus und konnte meine Mutter dort im Umgang mit den Kranken erleben. Vielleicht verklärt sich in der Rückschau manches, aber mit welcher Freundlichkeit und Zuwendung sie diese harte Arbeit geleistet hat, lässt mich noch heute staunen. Die Wunden vieler Menschen zu berühren und zu heilen, ist Aufgabe eines Bischofs, die er nur mit Hilfe seiner Schwestern und Brüder leisten kann.
Auf meinem Weg als Priester hat mich der Kölner Erzbischof auf verschiedene Stellen gesetzt, der wissenschaftliche Weg gehörte dann dazu. Für mich war immer bedeutsam, Wissenschaft und seelsorgliche Tätigkeit zu verbinden, damit wir nicht schöne Pläne machen, die ohne Bodenhaftung sind und abstrakt bleiben. Ich hoffe, dass ich auch als Bischof wirklich Seelsorger bleiben kann.
Ich freue mich auf die kommenden Jahre. Ich bitte herzlich um Ihr Gebet und Ihre Mitsorge. Wenn Sie mit mir Zeuginnen und Zeugen für das Große bleiben, das Gott allen Menschen bereiten will, hören auch meine Knie langsam zu zittern auf und das innere Beben wird nachlassen."