Über die zukünftige Gestalt von Pfarreien und Gemeinden hat an diesem Freitag und Samstag der Diözesanpastoralrat des Erzbistums Köln beraten. Unter Leitung von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki befasste sich das rund 70-köpfige Beratungsgremium mit den Zwischenergebnissen der Aktuellen Etappe des Pastoralen Zukunftsweges. Im Mittelpunkt standen dabei die von Fokusteams und Arbeitsfeldern vorgeschlagenen Überlegungen zur zukünftigen Gestalt von Pfarreien und Gemeinden, die Pilotierung der sog. "Teams von Verantwortlichen", die Zusammensetzung der multiprofessionellen Pastoralteams und das Miteinander von kategorialer und territorialer Seelsorge in der "Pfarrei der Zukunft" und das vorgeschlagene Verfahren zur Grenzfindung der zukünftigen Pfarreien.
"Ich bin froh und dankbar, dass sich auf dem Pastoralen Zukunftsweg bereits so viele Frauen und Männer gewinnend und evangelisierend engagiert haben", so Kardinal Woelki – "nicht nur in diesem Gremium hier, sondern auch in den Arbeitsfeldern, in den zahllosen Arbeitsgruppen, in den Gemeinden und in vielen verschiedenen Gremien auf unterschiedlicher Ebene." Die anstehenden Veränderungen bezeichnete der Erzbischof als Herausforderung, die ein hohes Maß an Dialogbereitschaft erforderten, damit sie gelingen könnten. "Natürlich weiß ich, dass es für den neuen Weg auch neuer Strukturen bedarf", so Woelki, "aber der bevorstehende Wandel muss zuerst aus einer geistlichen Motivation und Tiefe leben und gestaltet werden."
Intensiver und lebhafter Austausch
Angesichts der komplexen Fragen und der Bedeutung des Themas entwickelte sich ein intensiver und lebhafter Austausch. Viele Aspekte, Hinweise und Erfahrungen kamen zur Sprache. Wie kann die missionarische Ausstrahlung der Gemeinden gefördert werden? Wie finden sich Menschen, die sich dafür und für viele weitere Aufgaben in den Gemeinden engagieren? Was ist erforderlich, um die Menschen auf dem Weg des Wandels mitzunehmen und zu motivieren Verantwortung zu übernehmen? Was braucht es dazu an Begleitung und Qualifizierung?
Ebenso zur Sprache kamen positive Beispiele von neuen pastoralen Initiativen in Gemeinden und von Erfahrungen mit neuen Ideen gemeindlichen Zusammenwirkens. Alle Fragen und Anregungen werden im weiteren Fortgang bearbeitet und in die Arbeit einbezogen. Einiges wird auch in "Pilotprojekten" ausprobiert: So werden Teams von Verantwortlichen bereits im September in fünf unterschiedlichen Seelsorgebereichen installiert und erprobt. Deutlich wurde aber auch: Gehandelt werden muss jetzt, denn der Wandel in Kirche und Gesellschaft geht unaufhaltsam voran, und viele derzeit noch funktionierende Lösungen sind in einer gewandelten Welt – und einer zahlenmäßig absehbar kleineren Kirche – nicht mehr tragfähig.
"Pfarrei" nicht gleich "Gemeinde"
Während "Pfarrei" und "Gemeinde" sonst oft synonym gebraucht werden, soll im Erzbistum zukünftig klar unterschieden werden: Demnach sind Gemeinden bestimmte Orte, an denen Menschen sich als eine Gemeinschaft im Geiste Jesu Christi zusammenfinden. Demgegenüber ist die Pfarrei als pastorale Einheit und zugleich Körperschaft des öffentlichen Rechts das strukturelle "Dach", unter dem mehrere Gemeinden angesiedelt sind. Letztere können sowohl territorial "um einen Kirchturm herum" (örtliche Gemeinden), als auch kategorial organisiert sein und damit z.B. eine Schule, ein Krankenhaus oder eine andere kirchliche Einrichtung als Kristallisationskern enthalten (Personalgemeinden).
"Wesentlich für eine solche Gemeinde ist, dass sie missionarisch lebendig, liturgisch vielfältig und solidarisch aktiv in ihr jeweiliges Umfeld ausstrahlt und damit die Grundvollzüge des Kirche-Seins lebt", so Generalvikar Dr. Markus Hofmann. "Auf diese Weise werden die Gemeinden zukünftig wesentlich pluraler und damit auch pluralitätsförderlich sein. Ziel ist eine integrierte Seelsorge mit einem vielfältigen, den jeweiligen örtlichen Erfordernissen und Möglichkeiten entsprechenden pastoralen Angebot. Diese Gemeinden sind pastoral in die Pfarrei eingebunden."
Ausrichtung auf Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort
Vielfalt gilt auch für die Dienste und Aufgaben in Pfarrei und Gemeinde: Konstitutiv für die Pfarrei ist die Leitung durch einen Pfarrer, also einen geweihten Priester, der von einem multiprofessionellen Pastoralteam, den Gremien und weiteren engagierten Personen unterstützt wird. Das multiprofessionelle Pastoralteam umfasst alle Personen, die in der jeweiligen Pfarrei pastoral tätig sind, also beispielsweise Pastoral- und Gemeindereferenten, Diakone, Kirchenmusiker, Engagementförderer und weitere Engagierte, aber etwa auch Krankenhaus- oder Schulseelsorger, die gegenwärtig der kategorialen Seelsorge zugeordnet sind. Die Gemeinden innerhalb einer Pfarrei werden vor Ort jeweils von engagierten Getauften und Gefirmten koordiniert, die auf diese Weise den Pfarrer in seinem Leitungsdienst unterstützen – beispielsweise in Form eines Teams von Verantwortlichen.
Die Vielfalt der Gemeinden und ihre vernetzte Zusammenarbeit innerhalb einer Pfarrei führt dazu, dass sich die einzelne Gemeinde stärker auf die Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort ausrichten und auf die Pastoral fokussieren kann. Die Beteiligung von vielen Engagierten gewährleistet dabei, dass sich ganz unterschiedliche Charismen und Talente entfalten können. Die Pfarrei als struktureller Rahmen wiederum wird jeweils so ausgestaltet, dass sie diese Nähe zu den Menschen bestmöglich fördert. Gemäß dieser Struktur und nach derzeitigem Beratungsstand soll das Erzbistum Köln, derzeit gegliedert in 180 Seelsorgebereiche, künftig aus etwa 50 bis 60 Pfarreien und einer Vielzahl von Gemeinden bestehen.
Menschennahe, integrierte Pastoral
Der räumliche Zuschnitt zukünftiger Pfarreien soll in zwei Schritten erfolgen, um die gesteckten Ziele einer menschennahen, integrierten Pastoral auch strukturell zu fördern: Ein zentrales Steuerungsgremium erarbeitet einen auf die lokalen Bedarfe abgestimmten Vorschlag für die Grenzziehung. Dieser Vorschlag wird in den Seelsorgebereichen geprüft, diskutiert, gegebenenfalls überarbeitet und durch das zentrale Steuerungsgremium begutachtet. Schließlich setzt der Erzbischof die neuen Pfarreigrenzen in Kraft. Sodann wird, ebenfalls basierend auf den individuellen Gegebenheiten in den jeweiligen Seelsorgebereichen, ein Zeitplan für die Umsetzung des Plans und die Neuerrichtung der Pfarrei aufgestellt und umgesetzt. Fläche, Infrastruktur, Sozial- und Lebensräume, besondere Orte oder die Präsenz von kirchlichen Einrichtungen werden dabei ebenso einbezogen wie die personelle Situation im jeweiligen Seelsorgebereich und die konkreten Bedarfe der Menschen vor Ort.
Das multiprofessionelle Pastoralteam der Zukunft unter Leitung des Pfarrers stößt den Prozess der Erstellung eines pastoralen Zielbildes für die Pfarrei an. Dazu leisten einzelne Gemeinden und weitere Akteure Beiträge. Das so entstehende pastorale Zielbild der Pfarrei wird zusammengetragen, konsensual beraten und weiterentwickelt, schließlich vom Pfarrer in Kraft gesetzt, sodass die Pfarrei und ihre Gemeinden das pastorale Zielbild mit Leben füllen können. Das Ziel ist eine christliche Organisations- und Leitungskultur, die als erstes und oberstes Ziel einen geistlichen Aufbruch fördert – und nicht nur Strukturen optimiert. Zu diesem Zweck werden Gruppen, Teams und Gremien über einen längeren Zeitraum von erfahrenen Mentoren begleitet.
Gefirmte koordinieren das kirchliche Leben in der Gemeinde
Namentlich die "Teams von Verantwortlichen" übernehmen zukünftig Mitverantwortung für die Seelsorge in den Gemeinden: Gefirmte Katholikinnen und Katholiken, von der Gemeinde bestätigt, koordinieren das kirchliche Leben in der jeweiligen Gemeinde. Diese Aufgabe versehen sie als Verwirklichung ihrer Taufberufung. Sie werden dabei von Engagementförderern unterstützt. Auf diese Weise soll in Zukunft eine Vielzahl kirchlich engagierter Personen das Glaubensleben "menschennah" prägen und ausgestalten.
Vieles, hieß es am Ende der DPR-Sitzung, sei klarer geworden, und manches, was bisher noch undeutlich war, durch die intensive Auseinandersetzung und den offenen Austausch anschaulicher. Der Prozess sei auch ein wichtiges Zeichen der Partizipation und Wertschätzung für die vielen Beteiligten, die schon bisher mit viel Einsatz an den Themen und Fragen arbeiten und so Wesentliches zu den diskutierten Zwischenergebnissen beigetragen haben. Nun komme es darauf an, zusammen mit den Menschen in den Gemeinden und im Blick auf die konkrete Situation konstruktiv weiterzudenken und weiterzugehen.
Zielbild 2030: So geht es weiter
Kardinal Woelki hob dankbar hervor, dass die Beratungen getragen waren von einer spürbar geistlichen Atmosphäre. "Wir müssen als Kirche von Köln eine ehrliche Antwort finden auf die anstehenden Fragen und Veränderungen. Dazu gehört auch, sich von manchem zu verabschieden. Das erfordert Mut. Ich bin nach dieser Tagung zuversichtlich, dass uns dies miteinander gelingt."
Die Beratungen des Diözesanpastoralrats zu den Zwischenergebnissen aus der Aktuellen Etappe stellen einen wichtigen Schritt hin zum "Zielbild 2030", der zukünftigen Gestalt des Erzbistums Köln dar. Die Inhalte werden im September und Oktober ebenfalls interessierten Personen aus 169 Seelsorgebereichen aus dem gesamten Erzbistum vorgestellt. Die Ergebnisse der Beratung des Diözesanpastoralrats werden, ebenso wie die Rückmeldungen aus den Seelsorgebereichsforen, bei der Ausarbeitung des Zielbildes 2030 mitbedacht. Dieses wird Ende 2020 nach Beratung durch den Diözesanpastoralrat Kardinal Woelki als Entscheidungsempfehlung vorgelegt. Das Zielbild gibt einen Rahmen vor, wie sich das Erzbistum Köln mit Blick auf das Jahr 2030 entwickeln kann. Die Umsetzung von Maßnahmen innerhalb dieses Rahmens erfolgt in einem dynamischen Prozess. (pek200829)