Pfarrer "auf Schalke" zu Profifußball und Glauben

"Ich möchte den Fans zuhören"

Der Ball rollt nach der Winterpause wieder in den Stadien der ersten Fußball-Bundesliga. Beistand "von oben" können sich die Fans von Schalke 04 dann auch wieder in ihrer Kapelle bei Pfarrer Ernst-Martin Barth holen.

Schalke-Fans mit Fahnen / © Friso Gentsch (dpa)
Schalke-Fans mit Fahnen / © Friso Gentsch ( dpa )

Erzbistum Köln: Herr Barth, wie viel Schalke- Fan muss ein Pfarrer bei Schalke 04 denn sein?

Ernst-Martin Barth (Evangelischer Pfarrer der Arena-Kapelle auf Schalke): Königsblau im Herzen zu tragen kann nicht schaden, ganz im Gegenteil. Ich bin seit meiner Kindheit Schalke- Fan, seit vielen Jahren Vereinsmitglied, und das Ruhrgebiet ist meine Heimat. Ich möchte mit ganzem Herzen bei den Menschen sein; für das, was sie bewegt, was sie freut und was sie bekümmert, wonach sie sich im Leben sehnen.

Erzbistum Köln: Wie passen Profifußball und Glauben, Gott und Kirche zusammen?

Barth: Gott ist ein Freund des Spiels und der Lebensfreude. Und dass wir eine so schöne Arena haben, ist ein großes Glück! Aber es gibt halt noch etwas anderes als "auf`m Platz". Darum befindet sich mitten im Herzen des Stadions eine Kapelle. Das passt schon architektonisch zusammen, weil der Anstoßpunkt mit dem Altar durch eine Sichtlinie verbunden ist. Fußball und Glaube wollen die Menschen über alle Unterschiede hinweg verbinden, da geht es um das Zusammenhalten in Sieg und Niederlage, "Kumpel und Malocher" – wie wir es hier nennen. Die Kapelle lädt ein zu Stille, Gebet und Andacht, sie ist bewusst schlicht gehalten und schenkt uns ohne Blau- Weiß einen großen Freiraum. Hier erfahren Menschen dann auch, dass ihr Wert sich nicht nach Leistung, nach ihrem Gesundheitszustand oder nach der Höhe der Ablösesumme bemisst. Wir sind geliebt ohne Vorbehalt, "egal, wo du wechkommst" steht in der Schalker Umkleidekabine, und von dieser Liebe Gottes kann uns nichts trennen.

Erzbistum Köln: Wie und von wem wird die Kapelle in der Arena auf Schalke genutzt?

Barth: Die Menschen kommen aus ganz Deutschland und vielen Ländern der Welt. Wir begleiten sie an den Schwellen des Lebens, taufen jährlich ca. 90 Kinder und Erwachsene, ca. 20 Paare feiern ihre Trauung oder ihr Ehejubiläum, über 60 kirchliche Gruppen kommen zu Besuch. Ich begleite Schüler und Studenten bei ihren Facharbeiten, die Nachfragen der Medien sind intensiv. Zu Spielen begleite ich Menschen mit Behinderungen bzw. schweren Erkrankungen, es gibt bei Bedarf Andachten für ehemals Verstorbene und auch Opfer von Katastrophen. Die Arbeit am Spieltag hat eine stark seelsorgliche Ausrichtung. Gelegentlich finden sich auch Spieler, Mitarbeitende und Funktionäre des Vereins oder der Gastmannschaft vor dem Spiel in der Kapelle ein – selbst von Schwarz- Gelb.

Erzbistum Köln: Was können Sie vom christlichen Glauben den Fans vermitteln?

Barth: Ich möchte den Fans zunächst zuhören und etwas von ihrem Leben verstehen. Auch die persönlichen Feiern, die wir halten, bewegen die Menschen. Wenn Sie spüren, dass sie ernst genommen werden, öffnen sie sich womöglich neu für Gott. Glaube bleibt ja immer Geschenk und steht für ein Leben, das diesen Namen auch verdient. Viele in Gelsenkirchen fühlen sich gerade vom Leben abgehängt. Darum wünsche ich den Menschen, dass sie sich den Mut nicht abkaufen lassen von Sorgen und Angst und sich auch in einer wirren Welt von Gott getragen wissen. Und dann mit neuer Kraft in den Alltag zurückfinden, den eigenen Weg gehen und dann  auch wieder unsere Mannschaft unterstützen. Denn wir brauchen jetzt viel Power für die Rückrunde der Bundesliga!

Das Interview führte Martin Mölder.


Ernst-Martin Barth / © Martin Mölder (Erzbistum Köln)
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