DOMRADIO.DE: An diesem Montag beginnt der Abriss der Immerather Kirche. Sie werden dabei sein. Mit welchen Gefühlen gehen Sie dahin?
Werner Rombach (Pfarrer der Pfarrei Christkönig in Erkelenz, zu der Sankt Lambertus gehört): Mit Trauer und Wut, weil man einfach weitermacht, obwohl es mittlerweile viele Möglichkeiten gibt, wie man uns mit Energie versorgen kann.
DOMRADIO.DE: Das heißt, dass die Kirche abgerissen wird, ist Ihrer Meinung nach gar nicht notwendig. Was ist Sankt Lambertus für eine Kirche?
Rombach: Es ist eine neoromanische Kirche, eine der bedeutendsten, schönsten und auch größten des Bistums Aachen. Es ist eine formvollendete Kirche und von daher unter kunsthistorischen Gesichtspunkten ein Drama, gleichzeitig auch ein gesellschaftliches Drama. Da hängen ja Menschen dran, die die Kirche als Ort und ihren Lebensmittelpunkt gesehen haben.
DOMRADIO.DE: Für die Leute, die um die Kirche herum wohnen, verändert sich also sehr viel. Die Kirche wurde ja auch Immerather Dom genannt, weil sie ähnlich wie der Kölner Dom zwei Türme hat. Wie war das Gemeindeleben?
Rombach: Das Dorf drumherum existiert ja weitestgehend nicht mehr. Es gibt dort nur einige wenige Bauernfamilien, die noch nicht sicher wissen, wohin sie kommen. Sonst ist der Ort weitestgehend umgesiedelt worden. Es gibt Immerath (neu) direkt am Stadtgebiet von Erkelenz. Dahin sind viele hingezogen. Manch einer ist ganz weggezogen, um dem Arbeitsplatz näher zu sein oder um verwandtschaftliche Beziehungen besser aufrechterhalten zu können.
Die meisten sind aber an den neuen Standort gezogen. Dort gibt es auch mittlerweile ein neues Gotteshaus, die Sankt Lambertus-Kapelle, die allerdings deutlich kleiner ist als die alte neoromanische Kirche.
DOMRADIO.DE: Am Wochenende fand eine Mahnwache an der Kirche statt, die aber nicht von der Gemeinde organisiert wurde. Die hatte sich nämlich schon von der Kirche verabschiedet. Wie sah dieser Abschied aus?
Rombach: Das weiß ich nicht, weil ich nicht dort war. Diese Mahnwache war nicht mit mir abgesprochen. Es wurde tatsächlich alles von außen organisiert. Ich habe nur durch Zufall davon erfahren und hatte selbst eine ganze Reihe Dienste, sodass ich am Sonntag nicht kommen konnte. Ich habe allerdings mit Menschen aus Immerath (neu) gesprochen, die sagen, dass sie da nicht hingehen, weil sie ja längst Abschied genommen haben.
Auch sonst, wenn wir im Ort am alten Standort waren, ist es für uns ein weiteres Abschiednehmen gewesen. Auch heute rechne ich nicht damit, dass Unmengen an Immerathern kommen werden. Das haben sie auch gesagt. Ich habe mich mit einigen verabreden wollen und sie lehnten mit den Worten ab: "Da fahren wir nicht mehr hin. Wir haben damit abgeschlossen."
DOMRADIO.DE: Heute ist wahrscheinlich ein Tag, der den Menschen wehtut, wenn sie sehen, dass die Kirche abgerissen wird, oder?
Rombach: Ja, sicherlich. Viele richten aber auch den Blick nach vorne und sagen "Uns geht es gut, da wo wir jetzt sind." Wir haben im letzten Jahr ein schönes Gemeindefest gefeiert, wo die Leute sagten: "Das ist ja wieder ganz so wie früher."
Für mich als Seelsorger war es gut zu sehen, dass sich die Menschen, die einander vertraut sind, im Schatten eines Kirchturms begegnen; zu sehen, dass sich das Leid und die Sorgen der Menschen - auch die persönlichen Sorgen und schwierigen Verhandlungen, die geführt wurden - reguliert haben und zu spüren: Es hat sich vieles reguliert und man fühlt sich wohl am neuen Standort.
Das Gespräch führte Silvia Ochlast.