Pfarrer warnt bei Trauerfeier für Niklas P. vor Pauschalisierung

Der Trauer müssen Taten folgen

In einer bewegenden Trauerfeier haben am Samstag in Bonn-Bad Godesberg Hunderte Menschen von dem gewaltsam getöteten 17-jährigen Niklas P. Abschied genommen. Er wurde Opfer einer Prügelattacke, an deren Verletzungen er verstarb.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Dechant Wolfgang Picken neben dem weißen Sarg / ©  Henning Kaiser (dpa)
Dechant Wolfgang Picken neben dem weißen Sarg / © Henning Kaiser ( dpa )

Niklas P. war vor zwei Wochen nachts von einer Gruppe junger Männer attackiert worden und durch einen Schlag und einen Tritt gegen den Kopf so schwer verletzt worden, dass er eine Woche später starb. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt.

Die Frage nach Gründen dafür, dass "Menschen mitten aus unserer Gesellschaft" zu solch brutaler Gewaltausübung fähig seien, sei nicht einfach zu beantworten, sagte der katholische Dechant von Bad Godesberg, Wolfgang Picken, bei dem Gottesdienst in der mit gut 800 Teilnehmern voll besetzten Sankt-Marien-Kirche: "Es gibt nicht nur die eine Tat und den einen Täter, es gibt nicht nur den einen Grund, genau so wenig, wie es nur eine mögliche Tätergruppe gibt!"

Keine pauschalen Urteile

Picken rief dazu auf, im Sinne von Niklas auf jede Form von Pauschalisierung oder Diskriminierung zu verzichten. "Allein der Respekt vor ihm verlangt es, dass wir bei der notwendigen Suche nach Ursachen jede Vereinfachung und Instrumentalisierung vermeiden."

Wer stattdessen mit Aggression und fehlendem Gerechtigkeitssinn reagiere, werde nur neues Unrecht und neue Gewalt provozieren. Dann werde "unsere zerklüftete Gesellschaft" immer weiter auseinanderdriften, warnte der Geistliche: "Es liegt an uns, das zu verhindern!"

Staat, Gesellschaft und Kirche seien es Niklas schuldig, alles daran zu setzen, dass "Ähnliches nicht wieder geschieht und wir zu friedvollen Formen des Miteinanders zurückkehren". Es sei das große Anliegen nicht zuletzt der Familie von Niklas, dass sein Tod den Impuls dafür gibt, "dass wir junge Menschen nicht alleinlassen, dass wir der Gewalt entgegenwirken und ein gutes Zusammenleben aller Menschen und Kulturen in Bad Godesberg fördern".

Versprechen müssen Taten folgen

Picken versprach, die Verantwortlichen immer wieder daran zu erinnern, dass diesem Versprechen Taten folgen müssten. Neben Picken zelebrierte unter anderem der Pfarrer von Niklas' Heimatort Bad Breisig, Günter Marmann. Der Kölner Weihbischof Ansgar Puff war ebenfalls beim Gottesdienst anwesend. Auch Bonns Oberbürgermeister Ashok-Alexander Sridharan und Bad Godesbergs Bezirksbürgermeisterin Simone Stein-Lücke (beide CDU) nahmen an der Abschiedsfeier teil.

Die Feier begann mit dem Lied "Für Niklas" des Bonner Rappers Djaspora. Der Künstler senegalesischer Abstammung hatte das Lied nach dem Tod des Jugendlichen komponiert und ins Netz gestellt. Der Gottesdienst wurde per Lautsprecher auf den Kirchplatz übertragen.

Vor dem Altar stand der weiße mit Lilien geschmückte Sarg. Nach dem Gottesdienst war eine Prozession zum Burgfriedhof geplant, wo der 17-Jährige beigesetzt werden sollte. Auf Initiative Pickens hatte es nach dem Bekanntwerden von Niklas' Tod am vergangenen Freitag in Bad Godesberg ein Trauergeläut der katholischen und vieler evangelischer Kirchen gegeben. Zudem wurde in der Marienkirche ein Kondolenzbuch ausgelegt und am nur wenige hundert Meter entfernten Tatort ein Gedenkkreuz aufgestellt.

Hauptverdächtiger in Untersuchungshaft

Der Jugendliche war vor zwei Wochen nachts von einer Gruppe junger Männer angegriffen worden und durch einen Schlag und einen Tritt gegen den Kopf so schwer verletzt worden, dass er eine Woche später starb. Am Dienstag wurde ein Hauptverdächtiger festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Der 20-Jährige ist laut Polizei als Gewalttäter bekannt. Er hat italienische und marokkanische Wurzeln.

Direkt nach Bekanntwerden der Tat entspann sich in Bad Godesberg eine Debatte um die Sicherheit in dem sozial sehr unterschiedlichen Stadtteil. Rechtspopulistische Gruppen machen vor allem einen hohen Migranten-Anteil für eine steigende Gewaltbereitschaft verantwortlich. Vertreter aus Politik, Kirchen und Bürgerinitiativen warnen hingegen davor, den gewaltsamen Tod des Jugendlichen politisch zu instrumentalisieren.

Geplant ist die Einrichtung eines Runden Tisches, an dem sich Stadt, Polizei, Religionsgemeinschaften und Schulen beteiligen sollen. Ein erstes Treffen soll noch im Mai erfolgen.


Quelle:
KNA