Piusbrüder drohen Williamson mit Ausschluss – Papst nimmt Stellung

Holocaust-Leugner unter Druck

Der Holocaust-Leugner Richard Williamson gerät nun auch bei der Priesterbruderschaft St. Pius X. unter Druck. Die Traditionalisten drohen dem Bischof mit dem Ausschluss. Hintergrund ist Williamsons Entscheidung für einen Anwalt aus dem Neonazi-Milieu. Auch der Papst nimmt fast zwei Jahre nach der Affäre um den Briten persönlich Stellung.

 (DR)

Wenn er gewusst hätte, dass der zur ultrakonservativen Pius-Bruderschaft gehörende Bischof die Existenz der Gaskammern der Nazis leugnet, hätte er ihn nicht von der Exkommunikation befreit, sagte Benedikt XVI. laut einer Vorabveröffentlichung des Münchner Nachrichtenmagazins "Focus" in einem Interview für ein am Mittwoch erscheinendes Buch. Er hätte Willamsons Fall abgetrennt.



Im Bemühen um eine Wiederannäherung zwischen dem Vatikan und den Piusbrüdern hatte der aus Deutschland stammende Papst Anfang 2009 mehrere Bischöfe der Bruderschaft rehabilitiert, darunter den Briten Williamson. Dieser hatte kurz zuvor in einem Interview den Völkermord an den Juden geleugnet. In Deutschland löste die Entscheidung breiten Protest aus, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine Klarstellung zum jüdisch-katholischen Verhältnis. Im Ergebnis räumte der Vatikan Fehler im Verfahren ein.



Das Interviewbuch "Licht der Welt" mit dem Untertitel "Der Papst, die Kirche und die Zeichen der Zeit" wird am Dienstag offiziell im Vatikan vorgestellt. Ab Mittwoch ist es im Buchhandel erhältlich. Das Buch geht auf Interviews zurück, die der deutsche Journalist Peter Seewald zwischen dem 26. und 31. Juli mit Benedikt in dessen Sommerresidenz in Castel Gandolfo führte.



Williamson droht Ausschluss

Der Generalobere, Bischof Bernard Fellay, erklärte derweil am Wochenende im schweizerischen Menzingen, Williamson habe sich offenbar laut einem Medienbericht entschieden, sich von einem Anwalt verteidigen zu lassen, der offen Verbindungen zur neo-nazistischen Bewegung in Deutschland und ähnlichen Gruppierungen unterhalte. Der "Spiegel" berichtete am Wochenende vorab, der von Williamson neu engagierte Anwalt sei letzter "Bundesführer" der 1994 verbotenen Wiking-Jugend gewesen und sei heute NPD-Mitglied.



"Bischof Fellay hat Bischof Williamson ausdrücklich befohlen, diese Entscheidung zurückzunehmen und sich nicht durch politische Thesen instrumentalisieren zu lassen, die absolut nichts mit seiner Aufgabe als katholischer Bischof im Dienst der Bruderschaft St. Pius X. zu tun haben", heißt es in einer Presseerklärung. "Sollte er diesem Befehl nicht gehorchen, muss er mit dem Ausschluss aus der Priesterbruderschaft St. Pius X. rechnen."



Williamson hatte in einem Interview den Massenmord an den Juden bestritten. Der britische Bischof wurde deshalb im April vom Amtsgericht Regensburg wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt. Sein Verteidiger hatte einen Freispruch gefordert, die Staatsanwaltschaft eine höhere Geldstrafe. Gegen das Urteil legten beide Seiten Berufung ein; der Prozess sollte am 29. November fortgesetzt werden. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass sich Williamson und sein bisheriger Anwalt getrennt haben.



2009 hebt der Papst Exkommunikation auf

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet. Die Gemeinschaft lehnt wichtige Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab, insbesondere die erneuerte Liturgie, die Religionsfreiheit und die Ökumene.



Nach einer unerlaubten Bischofsweihe 1988 wurden fünf Bischofe der Priesterbruderschaft, darunter auch Williamson, exkommuniziert. 2009 hob der Papst diese Exkommunikation als Versöhnungsgeste wieder auf. Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen und eine Rückkehr in die katholische Kirche.