Mikati hatte am Dienstagabend in einem TV-Interview gesagt, Christen machten nur noch 19,4 Prozent der Libanesen aus, da sich die christliche Abwanderung durch die Explosion im Hafen von Beirut vom August 2021 noch verstärkt habe.
Er bezog sich dabei laut Bericht auf Angaben aus dem maronitischen Patriarchat, das jedoch dementierte, entsprechende Angaben zur christlichen Bevölkerung gemacht zu haben.
Das maronitische Patriarchat und die ihm angegliederte "Maronitische Stiftung", die sich als Schnittstelle zwischen dem Land und in der Diaspora lebenden maronitischen Christen versteht, wiesen die von Mikati gemachten Zahlen zurück, wie die Zeitung "L'Orient le Jour" (Donnerstag) berichtete.
Stiftung: 34,4, Prozent der Wähler sind Christen
Die Maronitische Stiftung reagierte ebenfalls auf Mikatis Aussagen und verwies auf die Wählerlisten der Parlamentswahlen von Mai 2022, nach denen 34,4 Prozent der Wähler Christen seien.
Die Stiftung forderte den Übergangsministerpräsidenten auf, statt "die Christen zu zählen (...), besser auf Maßnahmen zur Eindämmung der Auswanderung" zu konzentrieren.
Gleichzeitig betonte sie, Auswanderung sei ein Phänomen, das alle Libanesen betreffe. Der Libanon leide anderem unter einer hohen Zahl syrischer Flüchtlinge und unter Korruption der politischen Führung.
Größte christliche Minderheit
Die Maroniten sind die größte christliche Gemeinschaft im Libanon. Ihren Namen leiten sie von dem heiligen Maron ab, einem Einsielder, der im 5. Jahrhundert in Mittelsyrien eine Gruppe Christen aramäischen Ursprungs um sich versammelte.
Nach der islamischen Eroberung wanderten sie im 7. Jahrhundert in den Libanon aus. Von nach Angaben der katholischen Ostkirche weltweit rund 3,2 Millionen Maroniten leben mehr als die Hälfte in der nichtlibanesischen Diaspora.
Nach einer Übereinkunft bei der libanesischen Unabhängigkeit 1943 stellen die Maroniten stets den Staatspräsidenten.