Polizeipfarrer Köster zum Schutz von Polizisten nach Terroranschlägen

"Die Westen sind nicht alles"

Die Serie von Gewalttaten in diesem Sommer geht auch an deutschen Polizisten nicht spurlos vorbei. Neben Ausrüstung und Training komme es auf genügend Kollegen im Einsatz an, sagt Polizeipfarrer Uwe Köster.

6.000 Polizisten sollen beim Kirchentag für Sicherheit sorgen / © Henning Kaiser (dpa)
6.000 Polizisten sollen beim Kirchentag für Sicherheit sorgen / © Henning Kaiser ( dpa )

Völlig neu seien Einsätze bei terroristischen Anschlägen und Amokläufen zwar nicht, fügt Köster hinzu und verweist auf den Oktoberfestanschlag in München 1972 und die Amokläufe von Winnenden und Erfurt. "Analog zur Verunsicherung in der Bevölkerung" hätten die Anschläge der vergangenen Wochen in Deutschland und den Nachbarländern Belgien und Frankreich "auch Auswirkungen auf die Kollegen in der Fläche der Polizei", so der Vorsitzende der Konferenz Evangelischer Polizeipfarrer/innen (KEPP) am Montag gegenüber domradio.de.

"Vor allen Dingen gibt es eine neue Qualität, dass die Polizei jetzt selbst auch Ziel von solchen Anschlägen wurde", so Köster. "Das ist sicherlich noch einmal eine deutliche Veränderung, die auch Polizisten zu denken gibt."

Anschlag auf zwei Polizistinnen in Belgien

Am Samstag hatte ein Mann zwei Polizistinnen im belgischen Charleroi mit einer Machete schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn als einen 33 Jahre alten Algerier identifiziert, der seit 2012 in Belgien lebte. Er sei der Polizei bisher wegen anderer Vergehen bekannt gewesen, aber nicht im Zusammenhang mit Terrorismus. Der IS hatte die Tat für sich reklamiert.

Nordrhein-Westfalen präsentierte am Montag neue Schutzwesten für die Streifenpolizisten im Land. Sie sollen auch dem Beschuss mit Schnellfeuerwaffen standhalten - also etwa mit Kalaschnikows, wie sie Terroristen bei den Anschlägen von Paris nutzten. Polizeipfarrer Köster lobte die neue Ausrüstung: "Das beruhigt sicher schon mal einen Teil, aber die Westen sind nicht alles." Neben einer guten Vorbereitung, seien auch genügend Kollegen wichtig, die an Einsätzen beteiligt sind.

NRW investiert nach eigenen Angaben mehr als zehn Millionen Euro in die neuen Westen, die nur siebeneinhalb Kilogramm wiegen. Bis zum Jahresende sollen alle Beamten im Wach- und Wechseldienst und die Bereitschaftspolizei mit ihnen ausgestattet werden.

Echtlage unterscheidet sich von Übungen

Bundesweit haben laut dem evangelischen Polizeiseelsorger Köster Polizisten Terror- und Amoklagen in den vergangenen Monaten verstärkt geübt. "Das ist auch unbestrittenermaßen wichtig", betonte Köster, auch wenn "die Realität oft noch ganz anders" aussehe.

Auch am Montag übten Polizeischüler aus Sachsen-Anhalt in der Gemeinde Seeland die Bewältigung einer Amok-Lage. In dem Bundesland gebe es einen einwöchigen Praxistest am Ende der Ausbildung, sowie Auffrischungsübungen für alle Beamte alle zwei Jahre, hieß es. Man wolle das auch nach den jüngsten Anschlägen von München, Ansbach, Würzburg oder Nizza so beibehalten, sagte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU). Ein zusätzliches Anti-Terror-Training brauche es nicht, weil die Taktiken, um den Täter zu stellen, ähnlich seien. Stattdessen setzt Stahlknecht für einen möglichen Ernstfall auf bessere Ausrüstung und eine Unterstützung durch die Bundeswehr.

Ängste der Angehörigen von Polizisten

Die Einsätze bei Anschlägen und auch die Übungen seien laut Polizeipfarrer Köster sehr intensiv und fordernd für Polizisten. "Weil man natürlich mit vielen Opfern konfrontiert ist, weil es kommunikationsunwillige Täter gibt, mit denen man keinen Kontakt aufbauen kann, weil die eigene Lebensgefahr viel höher ist als vielleicht in anderen Einsätzen", erläutert Köster. Hinzu kämen die Ängste um die Polizisten, die in den eigenen Familien vorhanden seien, "auch das geht natürlich an den Polizisten nicht spurlos vorbei".


Quelle:
DR , dpa