domradio.de: Es gab fünf Verletzte, 14 Menschen standen unter Schock. Wie haben Sie die Menschen in dieser sehr drastischen Lage erlebt?
Thomas Keßler (Generalvikar Bistum Würzburg und Notfallseelsorger): Wir haben diese Menschen in einer großen Sporthalle betreut. Unser Glück war, dass wir uns selbst noch gut darauf einstellen konnten, weil es eine Zeit dauerte, bis sie mit einem Bus von dem Zug in die Stadt gebracht wurden.
Wir haben sie ziemlich gefasst erlebt. Für viele war der Kontakt mit Angehörigen ganz wichtig, damit sie sagen konnten: Wir sind okay.
domradio.de: Was sagt man Menschen in dieser Situation, wie kann man ihnen Trost spenden?
Keßler: Es ist zunächst einmal wichtig, zu vermitteln: Ihr seid in Sicherheit, es ist vorbei. Es ist ganz wichtig, klar zu machen: Ihr befindet euch in einem geschützten Raum, die Gefahr ist vorbei.
Ansonsten liegt es an denen, die uns da gegenüber sitzen, wie weit sie sich öffnen und welche Informationen sie wollen. Es gilt auch, das Schweigen auszuhalten. Wichtig ist die Erfahrung: Es ist jemand bei ihnen. Das ist die Brücke, die da geschlagen wird, auch wenn nicht die großen Worte fallen.
domradio.de: Welchen Eindruck hatten Sie vom Täter?
Keßler: Dazu kann ich gar nichts sagen, weil ich nicht vor Ort war. Der Polizeieinsatz war in Heidingsfeld, wir haben da auch nur Informationen über die Polizei und über die Medien bekommen.
domradio.de: Wie kommen die Menschen im Bistum mit dieser Schreckensnachricht klar?
Keßler: Es ist eine Betroffenheit da. Was bei all dem Tragischen aber auch gesagt werden kann: Die Hilfsmaßnahmen haben top funktioniert. Bei allem Schlimmen ist das auch ein Trost für die Menschen, dass sie wissen, das Rettungssystem funktioniert. Das hat in der Situation wirklich funktioniert, das ging alles Hand in Hand.
domradio.de: Um ihre Arbeit zu leisten, brauchen Notfallseelsorger eine große innere Stärke. Wie haben Sie das erlebt?
Keßler: Die Notfallseelsorger kennen sich untereinander, das ist schon einmal gut, dass man weiß, man kann sich aufeinander verlassen. Wir hatten hier kurz vorher die Kiliani-Festwoche. Da gab es auch einen Gottesdienst für die Notfallseelsorger und die Einsatzkräfte. Das ist so eine unausgesprochene Brücke, über die man geht. Man weiß sich da getragen, man feiert miteinander Gottesdienst, trinkt danach seinen fränkischen Schoppen und ist gut beieinander. Das hilft auch, solche Situationen miteinander zu bestehen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.