Polnischer Film "Klerus" kommt nun auch in deutsche Kinos

Zündstoff für Debatte über Kirche und Missbrauch

Bereits 3,5 Millionen Polen haben ihn gesehen: den Film "Klerus" über die Vergehen von Priestern. Nun läuft er auch in Deutschland. In Polen stellt sich die Kirche derweil den Vorwürfen.

Autor/in:
Oliver Hinz
 (DR)

Noch nie hat in Polen ein Spielfilm so erfolgreich Verfehlungen in der katholischen Kirche angeklagt wie "Klerus" (polnisch: Kler). Der Streifen von Wojciech Smarzowski (55) ist im Nachbarland ein Kinohit. 3,5 Millionen Menschen lockte er in den ersten 16 Tagen bereits vor die Leinwand. Damit liegt er schon jetzt auf Platz fünf der meistgesehenen Filme in Polen seit 1989.

Regisseur Smarzowski zeigt selbstherrliche, sündigende Priester, die von einer Karriere im Vatikan träumen, eine riesige Kirche bauen, den Zölibat brechen oder Kinder missbrauchen. Er ruft die Kirche mit dem hochkarätig besetzten Film auf, sich zu bessern. "In keinem Land hat sich die Kirche selbst gereinigt", kritisiert er. Dabei geht es ihm auch um die Mitverantwortung der Gesellschaft, die den Machtmissbrauch der Kirche zulasse. Für die Schauspielerin Grazyna Szapolowska ist daher die wichtigste Botschaft des Films die "völlige Gleichgültigkeit der Gesellschaft gegenüber den Dramen, die uns angehen".

Heftige Debatte in Polen

Nun kommt "Klerus" auch in anderen Ländern in die Kinos. In Großbritannien und Irland spielte er am vergangenen Premieren-Wochenende 1,3 Millionen US-Dollar Gewinn ein. In deutschen Kinos läuft er am Sonntag als Sondervorstellung im Original mit englischen Untertiteln.

In Polen hat der Film eine teils heftige Debatte über die Kirche ausgelöst. Der katholische Journalistenverband des Landes bezeichnete Smarzowskis Werk als "antikatholisch" und "antipolnisch". Er demütige Katholiken und entwürdige Priester. Man dürfe der Behauptung nicht auf dem Leim gehen, "dass der Film zum Wohl der polnischen Kirche gedreht worden sei". Der Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz wollte den Film hingegen nicht kommentieren.

Eine Entschuldigung 

In die Offensive ging hingegen der Bischof der schlesischen Stadt Oppeln (Opole), Andrzej Czaja. Er schrieb über die Missbrauchsfälle eigens einen langen Hirtenbrief an die Gläubigen seiner Diözese und lies ihn in den Gottesdiensten verlesen: "Bisher wurde die Schuld von sechs Priestern der Diözese Oppeln festgestellt, die mindestens einmal eine minderjährige Person sexuell ausgenutzt haben." Czaja bat um "Gottes Schutz für alle, die wegen uns gelitten haben". Und er fügte hinzu: "Wir entschuldigen uns bei Euch und bitten um die Vergebung unserer schweren Sünden."

Andere Ortsbischöfe legten ebenfalls Zahlen für ihre Diözese vor. Die Kirche nimmt das Thema immer ernster. Sie bietet landesweit Schulungen an, um Kinder besser zu schützen. In schlechter Erinnerung ist noch ein Eklat aus dem Jahr 2013 um den damaligen Bischofskonferenz-Vorsitzenden Jozef Michalik. Der Erzbischof machte vor Journalisten kaputte Beziehungen zwischen den Eltern dafür mitverantwortlich, dass deren Kinder Opfer sexueller Gewalt würden.

Kriegen Opfer in Polen eine Entschädigung?

Solch ein Kind suche Liebe, "es lehnt sich an, es sucht. Und es verliert sich selbst und zieht noch einen anderen Menschen da hinein", so Michalik damals. Sechs Stunden später nahm er die Äußerung bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz zurück: "Ich entschuldige mich für das Missverständnis. Ein Kind ist unschuldig und darf nicht zum Opfer werden."

Bis heute umstritten ist, wie Polens Kirche die Missbrauchsopfer entschädigt. Lange sahen die Bischöfe dazu nur die Täter in der Pflicht, nicht jedoch die Kirche. Schließlich müssten Lehrer auch selbst für sexuelle Übergriffe Wiedergutmachung leisten und nicht die Schulen, argumentierte etwa der Anwalt einer katholischen Ordensgemeinschaft, die von einer jungen Frau verklagt worden war.

Jeder Fall soll vor Gericht

Ein Ordensmann hatte das damals 13 Jahre alte Mädchen von 2006 bis 2007 mehrfach vergewaltigt. Nun überwies ihr der Orden "Gesellschaft Christi für Emigrantenseelsorge" 233.000 Euro, wie es das Berufungsgericht im westpolnischen Posen (Poznan) Anfang Oktober entschieden hatte.

Aber der Orden lässt das Urteil vom Obersten Gerichtshof überprüfen und will so offenbar einer Klagewelle gegen die Kirche vorbeugen. Das Urteil stelle keine Grundlage für Entschädigungsansprüche von Missbrauchsopfern gegen die Kirche dar, betonte der Anwalt des Ordens, Krzysztof Wyrwa. "Jeder Fall muss immer individuell vom Gericht bewertet werden", sagte er.


Darsteller und Filmcrew kommen zur Polen-Premiere des Spielfilms "Kler" / © Stach Leszczynski (dpa)
Darsteller und Filmcrew kommen zur Polen-Premiere des Spielfilms "Kler" / © Stach Leszczynski ( dpa )
Quelle:
KNA