"In diesen Tagen wurde Seine Heiligkeit grausam gekreuzigt", beginnt Dziwisz seinen Brief an den 2013 zurückgetretenen Papst, den polnische Medien veröffentlichten. Verdächtigungen und falsche Anschuldigungen, die Benedikt XVI. als Lügner darstellen sollten, legten einen beispiellosen bösen Willen offen, so der langjährige Sekretär von Papst Johannes Paul II. (1978-2005).
Der Kardinal würdigt Benedikt XVI. als einen "Papst der Wahrheit". Jene, die an der Seite des früheren Kirchenoberhaupts gearbeitet hätten, könnten das ohne Bedenken und ohne Vorbehalt bezeugen. Dazu gehöre auch er selbst, so Dziwisz. Wörtlich schreibt er: "Die Demut des Heiligen Vaters ist heute ein Licht, das in der ganzen Kirche leuchtet."
Die Bürde der gemeinsamen Scham auf sich zu nehmen, sei ein wohltuender Schock, der gleichzeitig bewege und aufbaue, schreibt der ehemalige Krakauer Erzbischof. Benedikts Erklärung von Anfang Februar zum Münchner Missbrauchsgutachten werde einen "herausragenden Platz einnehmen, der der erhabensten Seiten würdig ist, die von den Kirchenvätern geschrieben wurden".
Äußerungen zu Münchner Missbrauchsgutachten
Benedikt XVI. hatte sich in einem kürzlich veröffentlichten Brief erneut zum Münchner Missbrauchsgutachten geäußert. Darin entschuldigt er sich bei den Betroffenen und drückt seine "tiefe Scham" und seinen "großen Schmerz" aus. Zugleich wehrt sich der frühere Papst gegen den Vorwurf, als Erzbischof von München (1977-1982) Missbrauchsfälle aktiv vertuscht zu haben. Das Gutachten bescheinigt Joseph Ratzinger Führungsversagen im Umgang mit Missbrauchstätern sowie fehlende Sorge für die Geschädigten in seiner Zeit als Münchner Erzbischof.
Dem 82-jährigen Dziwisz wird in Polen Vertuschung von sexuellem Kindesmissbrauch während seiner Amtszeit als Krakauer Erzbischof (2005-2016) vorgeworfen; er selbst weist dies zurück. Mit der Prüfung des Falls beauftragte der Vatikan 2021 den emeritierten Erzbischof von Genua, Kardinal Angelo Bagnasco. Bislang veröffentlichte die Kirche noch kein Ergebnis.