Gegner hoffen auf Sieg des Konservativen Rebelo de Sousa

Portugal will aktive Sterbehilfe legalisieren

Es war keineswegs das zentrale Thema im Wahlkampf. Trotzdem bewegt die geplante Legalisierung aktiver Sterbehilfe viele Portugiesen. Der konservative Amtsinhaber und Favorit ist zwar dagegen. Doch ob das reicht?

Autor/in:
Manuel Meyer
Präsidentenwahl im Hochrisikogebiet Portugal: Wahlkampfplakat für den Präsidentschaftskandidaten Andre Ventura / © Armando Franca (dpa)
Präsidentenwahl im Hochrisikogebiet Portugal: Wahlkampfplakat für den Präsidentschaftskandidaten Andre Ventura / © Armando Franca ( dpa )

Am Sonntag finden in Portugal Präsidentenwahlen statt. Sieben Kandidaten stehen zur Wahl. Favorit ist der konservative Amtsinhaber Marcelo Rebelo de Sousa (72), gefolgt von der Sozialistin Ana Gomes (66) und dem jungen Rechtspopulisten Andre Ventura (38), die sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern.

Laut jüngsten Umfragen könnte Rebelo de Sousa auf rund 60 Prozent der Stimmen kommen und damit einen klaren Sieg erzielen. Sterbehilfegegner und die katholische Kirche dürften seinen Wahlsieg begrüßen. Denn für viele ist der praktizierende Katholik die letzte Hoffnung, die von den Linksparteien angestrebte Legalisierung aktiver Sterbehilfe noch abzuwenden.

Referendum gefordert

Bereits im Februar 2020 sprachen sich die regierenden Sozialisten von Ministerpräsident Antonio Costa sowie diverse Linksparteien mit ihrer Parlamentsmehrheit grundsätzlich für die Legalisierung aus. In den kommenden Wochen soll das Gesetz endgültig verabschiedet werden. Damit würde das katholisch geprägte Land mit seinen knapp zehn Millionen Einwohnern nach den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Kanada und Neuseeland das weltweit sechste Land werden, in dem aktive Sterbehilfe und Beihilfe zum Suizid rechtlich erlaubt und straffrei wären.

Die konservative Opposition und die Kirche fordern ein Referendum, um die Gesetzesinitiative zu stoppen. Laut jüngsten Umfragen spricht sich in Portugal tatsächlich nur eine knappe Mehrheit der Bevölkerung von 50,5 Prozent für aktive Sterbehilfe aus. 25,6 Prozent lehnen sie ab; 23,9 Prozent zeigen sich unentschlossen. Die sozialistische Regierung lehnt eine Volksbefragung ab, da die Wähler nur schwer für Referenden zu mobilisieren seien. Als Beispiel verwies man auf das Abtreibungsreferendum von 2007. Damals gaben nur 44 Prozent überhaupt ihre Stimme ab.

Rechtliche Legitimität überprüfen

So hoffen die Sterbehilfegegner darauf, dass Rebelo de Sousa gewinnt, sein Veto einlegt oder zumindest das Verfassungsgericht anruft. Ob die Rechnung aufgehen würde, ist allerdings unsicher. Im Wahlkampf stehen vor allem der Kampf gegen die Corona-Pandemie und ihre Folgen, das Flüchtlingsproblem sowie die sozialen Ungleichheiten im Mittelpunkt. "Die wenigen Male, die Rebelo de Sousa auf das Thema Sterbehilfe angesprochen wurde, antwortete er eher schwammig", sagt Jose Santana Pereira, Politologe am Lissaboner Instituto Universitario (ISCTE), im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Als überzeugter Katholik sprach sich der Präsident öffentlich gegen Sterbehilfe aus. Er stellte aber auch klar, er werde die Parlamentsmehrheiten respektieren, solange die Beschlüsse verfassungsgemäß seien", so Santana Pereira. Dies ließe darauf schließen, dass er bei einer Wiederwahl zumindest das oberste Gericht beauftragen würde, die rechtliche Legitimität der Gesetzesinitiative zu überprüfen, und versuchen würde, das Gesetz abzuschwächen.

Veto gegen die Legalisierung

Andere Kandidaten haben sich klarer zum Thema geäußert. Die Sozialistin Ana Gomes und die Kandidaten der Liberalen sowie des Linksblocks befürworten die Legalisierung. Joao Ferreira (42) von der kommunistischen PCP würde die Entscheidung der Parlamentsmehrheit respektieren, während Ventura, Kandidat der rechtspopulistischen Chega-Partei, bei einem Wahlsieg ein Veto gegen die Legalisierung einlegen würde.

In Portugal können seit gut fünf Jahren Patienten mit einer schweren, unheilbaren Krankheit ein sogenanntes Testament ablegen, in dem sie bestimmen, ob sie im Endstadium auf lebenserhaltende Mittel zugreifen wollen oder nicht. Doch diese Form der passiven Sterbehilfe geht den Linksparteien nicht mehr weit genug.

Vieles hängt nun von der Wahlbeteiligung ab. Und um die machen sich die Experten derzeit Sorgen. Viele Portugiesen werden den Urnen aus Angst vor Covid-Ansteckungen fernbleiben. Wegen des noch bis Februar geltenden Lockdowns fand zudem kaum ein mobilisierender Wahlkampf statt. "Und mit einem so klaren Favoriten wie Rebelo de Sousa dürften sich noch weniger Menschen als sonst zum Urnengang bewegen", befürchtet Wahlforscher Santana Pereira.


Quelle:
KNA
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