Prälat Klaschka geht als Adveniat-Geschäftsführer

"Ich habe viel von den Armen gelernt"

Nach 13 Jahren gibt Prälat Bernd Klaschka das Amt des Geschäftsführers beim katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat ab: eine Tätigkeit, die für ihn viel mehr war, als ein Job.

Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka / © Harald Oppitz (KNA)
Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka / © Harald Oppitz ( KNA )

"Armut ist der größte Feind des Menschen": Mit diesem Appell trat Prälat Bernd Klaschka 2004 das Amt des Geschäftsführers bei Adveniat an. Wie groß Not sein kann, das hatte er schon als junger Priester in den 1970er Jahren in Mexiko erfahren. Heute bilanziert er: "Die Armut hat sich seitdem nicht verringert. Trotzdem sehe ich viele Lichter der Hoffnung, die uns ermutigen, weiter gegen die Armut zu kämpfen und der Würde des Menschen Geltung zu verleihen. Aber wer gegen Armut kämpft, muss einen langen Atem haben. Das zeichnet unsere Arbeit bei Adveniat aus. Jesus hat die Armen schließlich auch nicht alleine gelassen!"

Bernd Klaschka wurde 1946 im niederrheinischen Rheinberg geboren. Er wuchs in einer katholischen Familie auf und bereits in der Grundschule wollte er Priester werden. Nach dem Theologiestudium in Münster und München folgte eine Zeit der Abwägungen und Zweifel, in der Klaschka sich auch mit Psychologie, Geschichte und Philosophie beschäftigte.

Entschluss in Dachau

Den endgültigen Entschluss, Priester zu werden, fasste er dann bei einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte Dachau: "Warum ausgerechnet dort, kann ich nicht genau erklären. Letzten Endes ist es auch für mich noch ein Geheimnis", erinnert er sich. "Das ist ein sehr intensiver Ort, wo es um Leben und Tod geht. Ein Ort, wo Gott abwesend war und wo auch die Priester der katholischen Kirche inhaftiert waren."

1973 wurde Bernd Klaschka schließlich im Bistum Münster zum Priester geweiht. Und als man dort einen Nachfolger für das Partnerbistum Tula in Mexiko suchte, fiel die Wahl schnell auf ihn: "Nach vier Jahren als Kaplan stand für mich eine Versetzung an und der damalige Bischof Heinrich Tenhumberg wusste, dass ich unruhig war und rauswollte", erzählt der Prälat.

Mexiko, die zweite Heimat

Mexiko sollte seine zweite Heimat werden: von 1977 bis 1984 und von 1996 bis 2004 übernahm er im Bundesstaat Hidalgo den Aufbau und die Verwaltung der von Armut geprägten Pfarrei Orizabita. Gemeinsam mit Canisianer-Brüdern setzte er sich für bessere Lebensbedingungen, für Ausbildung und Arbeitsplätze der Otomí-Indianer ein.

"Als ich da ankam, hatten viele Kinder noch nicht einmal Kleidung", erinnert sich Klaschka. "Bis heute verdienen sich viele Otomí als Tagelöhner, sie waren immer marginalisiert und unterdrückt". Doch zugleich sind sie religiös, vieles in ihrem Alltag und in ihrer Sprache dreht sich um Gott und Spiritualität. "Das war ein guter Boden, um die befreiende Botschaft des Evangeliums zu verkünden", so Klaschka.

Mentalitätsunterschiede und kulturelle Hürden hat er immer unfallfrei gemeistert: "Mir fällt es leicht, mich auf andere Lebensweisen einzulassen, ich schaue und ich bringe der andern Kultur Respekt entgegen", erzählt er. Neben Spanisch hat er auch Otomí gelernt.

Hühnerfüße als Delikatesse

Und beim Essen hat er sich zur Regel gemacht: Alles probieren. Auch wenn in Lateinamerika mancherorts Meerschweinchen, Kuhaugen oder frittierte Heuschrecken als Delikatesse gereicht werden. Alles schon mal gegessen, sagt er Prälat lachend. Nur die gekochten Hühnerfüßen trieben ihm einmal die Schweißperlen auf der Stirn: "Das Fleisch ist etwas schwammig", erzählte er, "aber eine Einladung zum Essen ist eine hohe Wertschätzung von Seiten der Menschen, und wenn das ablehnt, ist das eine Beleidigung."

Krank geworden ist er jedenfalls bei seinen Reisen nach dem Essen nie. "Von den Armen habe ich die Bescheidenheit gelernt und ich bin als Priester mit großer Wertschätzung aufgenommen worden. Das hat mich schon sehr tief bewegt." So sehr, dass Klaschka eigentlich nicht mehr zurück nach Deutschland wollte. Deshalb zögerte er auch, als er 2004 Geschäftsführer von Adveniat  in Essen werden sollte. "Aber ich entschloss mich, weil es für mich noch mal eine andere Möglichkeit war, für die Ärmsten in Lateinamerika da zu sein und etwas zu bewegen.  

Papst-News an der Supermarktkasse

13 Jahre Adveniat: Eine Zeit, in der Prälat Klaschka viele Ereignisse und Entwicklungen auf dem lateinamerikanischen Kontinent miterlebt hat: Das Wiedererstarken sozialistischer Politik, aber auch die Gegenbewegungen. Den Weltjugendtag in Brasilien 2013; das verheerende Erdbeben in Haiti, das hunderttausende Opfer forderte. Und die für die Kirche sensationelle Wahl von Papst Franziskus, dem ersten Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petris.

Als am 13. März 2013 um 19.07 Uhr weißer Rauch aufstieg, stand Prälat Klaschka gerade an einer Supermarktkasse: "Meine Pressstelle rief mich an", erinnert er sich lachend. Noch bevor der Name verkündet wurde, hieß es, der neu gewählte Papst werde in einer Marienkapelle beten gehen. "Da wusste ich: es ist ein Lateinamerikaner! Wegen der Marienfrömmigkeit. Die Lateinamerikaner haben ein ganz lebendiges Verhältnis zu Maria." Persönlich hatte Klaschka Jorge Mario Bergoglio bereits kennengelernt, als Kardinal von Buenos Aires und Projektpartner von Adveniat.

Abschied mit Wehmut

Für Lateinamerika und das Lateinamerikahilfswerk war Papst Franziskus ein Glücksfall. "Wir haben gemerkt, dass er die Menschen anspricht. Wir greifen viele seiner Botschaften auf, insbesondere die Gedanken der Barmherzigkeit und der Solidarität. Und damit treffen wir hier in Deutschland auch auf offene Ohren."

Am 3. März übergibt Prälat Klaschka die Geschäfte seinem Nachfolger, Pater Michael Josef Heinz von den Steyler Missionaren. Ein Abschied mit gemischten Gefühlen: Einerseits freue er sich auf seine neue Aufgabe in der Krankenhausseelsorge in der Diözese Essen und auf eine zweieinhalb Monate lange Pilgerreise auf dem Jakobsweg. Doch Wehmut ist auch dabei: "Es ist ein Stück Herz das bei Adveniat bleibt", sagt er, "ein Stück Leben. Ich habe versucht zu geben, was ich kann, aber nun will ich Adveniat auch die Möglichkeit geben, unter einem neuen Geschäftsführer neue Wege zu beschreiten."

 

Quelle:
DR