Adveniat zu Auswirkungen der Trump-Wahl für Lateinamerika

Hinterhof statt Handelspartner?

Donald Trump ist neuer US-Präsident und in Lateinamerika werden die Sorgen größer. Der Kontinent könnte vom Handelspartner wieder zum Hinterhof der USA werden, fürchtet Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka im Interview.

Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko  / © Alejandro Zepeda (dpa)
Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko / © Alejandro Zepeda ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was ist denn Ihre größte Sorge hinsichtlich der Ankündigungen von Trump?

Prälat Bernd Klaschka (Geschäftsführer des katholischen Lateinamerikahilfswerkes Adveniat): Hinsichtlich der Ankündigen des neuen US-Präsidenten ruft bei mir die Realisierung des Mauerbaus an der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten die größte Sorge hervor. Das ist eine ungefähr 3.000 Kilometer lange Grenze. 

Auf der einen Seite möchte der neue Präsident die, die ihn gewählt haben, in den USA beruhigen und sagen, dass die Migration aufhört. Auch die Beunruhigung, die durch die Migranten in das Land getragen worden ist, soll gedämmt werden. Damit kommt er natürlich auch einem gewissen Wählerklientel entgegen.

Prälat Bernd Klaschka / © Roland Weihrauch (dpa)
Prälat Bernd Klaschka / © Roland Weihrauch ( dpa )

Allerdings vergisst er, dass zum Beispiel die Migranten, die von Mexiko oder von den mittelamerikanischen Staaten in die USA kommen, meistens Personen sind, die sich dort auf dem Arbeitsmarkt mit dem Niedriglohnsektor zufrieden geben. Das wäre schon auch ein inneramerikanisches Problem, wenn das so umgesetzt werden würde. 

Auch die Mauer, die gebaut werden soll - und ich gehe davon aus, dass er sie baut, denn das war ein zentrales Wahlversprechen - teilt dann nochmal unsere Welt in Nord und Süd auf. Das Gefälle zwischen Nord und Süd ist das, was wir in den letzten Jahrzenten versucht haben, zu überwinden. 

Bei dem Versuch ist es oft geblieben. Dieser Versuch wird obsolet und es werden Grenzen und Mauern zwischen Kulturen gebaut. Das halte ich für sehr schlimm und für die Menschheitsfamilie für zwiespältig.

DOMRADIO.DE: Ist das vor allem für Mexiko und die zentralamerikanischen Länder von Bedeutung oder auch für Südamerika? Zuletzt sind einige linke Regierungen in Brasilien, Argentinien und Peru abgewählt worden. Kann sich das bürgerlich-konservative Lager besser mit Trump arrangieren?

Prälat Klaschka: Ich glaube, das bürgerlich konservative Lager wird sich mit Trump arrangieren müssen. Ob es besser sein wird, glaube ich nicht, denn Trump sieht zunächst einmal die USA. Die USA soll wieder größer werden. Und die USA wird dann auch zu einer Politik zurückkehren, die eine weitere Sorge für ganz Lateinamerika und die Karibik als Handelspartner darstellt. 

Lateinamerika wird als US-amerikanischer Hinterhof gesehen, mit dem man machen könne, was man hinsichtlich des Handels, der Wirtschaft und - was ich ganz groß befürchte - auch der nationalen Sicherheit wolle. Das war schon einmal in den 1970er Jahren der Fall und das kann eine Rückkehr zur Vergangenheit sein. Das löst dann wieder Spannungen in den einzelnen Ländern aus.

DOMRADIO.DE: Sie fürchten auch um die Demokratien Lateinamerikas. Wie hängt das miteinander zusammen?

Prälat Klaschka: Außer von Brasilien sind die Demokratien in Südamerika doch sehr fragil, relativ schwach aufgestellt. Sie haben meistens eine Präsidialdemokratie. Diese Demokratie ist nicht so stark abgesichert durch das Volk, sondern durch das Präsidialsystem. Das ist ein Grund.

Aber ein zweiter Grund sind die zu erwarteten sozialen und wirtschaftlichen Spannungen in den Ländern, wenn die Androhung von Trump umgesetzt wird, ungefähr 500.000 mexikanische Einwanderer in den USA nach Mexiko zurückzuschicken. Das bedeutet dann auch einen Kampf auf dem Arbeitsmarkt in Mexiko. Diejenigen, die aus den USA zurückkommen, haben bessere Aussichten, in Mexiko Arbeit zu finden. Da findet ein Verdrängungswettbewerb statt.

Außerdem findet noch einmal ein Verdrängungswettbewerb gegenüber den Menschen statt, die aus Zentralamerika in Mexiko arbeiten. Wir gehen davon aus, dass es ungefähr eine Million sind, die Mexiko als Durchgangsland betrachten, um in die USA zu kommen. 

Aber während sie Mexiko durchqueren, brauchen sie auch Arbeit. Das führt zu Spannungen, nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch im sozialen Bereich. Diese Spannungen erleben wir jetzt schon in Mexiko.

DOMRADIO.DE: Den Klimawandel hält Trump für eine chinesische Erfindung. Er will aus dem Pariser Klimaschutzabkommen austreten und statt dessen Fracking und Kohleabbau fördern. Welche Folgen hat das vor allem für die indigenen Völker Lateinamerikas?

Prälat Klaschka: Ich hoffe, dass Trump sich noch schlau macht und entsprechende wissenschaftliche Stellungnahmen liest und studiert, damit er sieht, dass dieses Klimaschutzabkommen im Grunde genommen für die Welt wichtig ist. Außerdem ist die Bezeichnung "chinesische Erfindung" natürlich eine despektierliche Bezeichnung. 

Ich habe den Eindruck, Trump opfert das Klima für die Wirtschaft und das hat dann Auswirkungen auch auf die indigen Völker in Lateinamerika. Zum Beispiel wird dann in die Holzindustrie im Amazonas intensiviert. Dadurch wird auch der Regenwald am Amazonas geschädigt und das hat Auswirkungen auf unser Klima weltweit.

Weitere Folgen sind dann Naturkatastrophen, die einfach ihren Lauf nehmen. Ich hoffe, dass Trump so klug ist, nicht diesen Weg weiter zu gehen.

DOMRADIO.DE: Wie positioniert sich die Kirche angesichts Ankündigungen und Demütigungen Trumps Richtung Lateinamerika? Spricht sie mit einer Stimme oder gibt es einzelne, die seine Ankündigungen laut kritisieren?

Prälat Klaschka: Es gibt Ankündigungen, die auch schon vor Papst Franziskus existierten, der genau gespürt hat, dass es geht hier um Demütigungen geht. Ich glaube, Trump demütigt Völker. Das kann man nicht lange machen, denn die Völker haben auch ein Selbstwertgefühl und in diesem Selbstwertgefühl werden sie reagieren. Sie werden auch ihre Stimme gegen Trump erheben. 

Papst Franziskus hat das schon mit Trump gemacht als er noch Kandidat war und bestimmte Äußerungen als nicht-christlich beurteilt. Dann hat er jetzt nach der Amtseinführung noch einmal deutlich gemacht, dass man die Taten Trumps abwarten sollte. Er sollte gegen Rassismus aufstehen, er sollte gegen Fremdenfeindlichkeit aufstehen. Papst Franziskus hat ihn ermahnt, für die Respektierung der menschlichen Würde einzutreten. 

Ein argentinischer Bischof, der Bischof von Cordoba, hat deutlich gemacht, Trump sollte die Armen nicht vergessen. Die mexikanischen Bischöfe haben das Wort von der Würde des mexikanischen Volkes aufgenommen und gesagt, er solle sie nicht demütigen. Ich denke, dass sind schon Äußerungen von Vertretern der katholischen Kirche, die in die Richtung gehen: Trump, behandle uns als Partner.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )
Quelle:
DR