"Make America great again" und "America first". Zwei der Lieblingssprüche des neuen US-Präsidenten deuten nicht unbedingt darauf hin, dass Donald Trump die Entwicklungsziele der ärmsten Länder der Welt weit oben auf seiner Agenda haben könnte.
Entsprechend vorsichtig bis skeptisch schauen auch kirchliche Hilfswerke und Entwicklungsexperten in Deutschland auf die entwicklungspolitische "Wundertüte", die die neue US-Regierung noch nicht ausgepackt hat. Nicht nur das - eigentlich ist noch nicht einmal wirklich zu erahnen, was drin sein könnte.
Lateinamerika als Hinterhof
"Schaun mer mal", zitiert Karl Jüsten ein schon länger geflügeltes Wort. Wobei der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) bei aller Gelassenheit auch einige Signale sieht, die "zumindest viele Grundfesten der bisherigen Sicherheitsarchitektur in der westlichen Welt in Frage stellen". So fürchte er, dass die USA unter Trump noch stärker als bisher "ihre Eigeninteressen über das Gemeinwohl stellen" könnten.
Das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat warnt vor einer regelrechten Spaltung des amerikanischen Kontinents. Hauptgeschäftsführer Bernd Klaschka sieht "die akute Gefahr, dass die Länder Lateinamerikas vom Handelspartner wieder zum Hinterhof der Vereinigten Staaten werden". Auch die von Trump angekündigte Mauer zwischen Mexiko und den USA wertet Klaschka als Spaltpilz für die gesamte Welt.
"Große Probleme nur gemeinsam zu lösen"
Denn "wenn die USA die Grenzen schließen, kommt es zum Dominoeffekt", warnt der Adveniat-Chef. Mexiko werde dem Beispiel folgen, um Einwanderung aus Süd- und Mittelamerika zu verhindern. Die Grenze werde für Migranten geschlossen, während sich die USA der Rohstoffe, der landwirtschaftlichen Produkte und der gut ausgebildeten jungen Menschen Lateinamerikas bedienten. Dadurch stünden die demokratischen Entwicklungen der vergangenen Jahre auf dem Spiel, so Klaschka. "Die gefestigte Demokratie der USA kann einen Präsidenten Donald Trump verkraften - die Demokratien Lateinamerikas nicht."
Pirmin Spiegel leitet das weltgrößte katholische Entwicklungshilfswerk Misereor und fürchtet nach den bisherigen Ankündigungen Trumps vor allem nationale Alleingänge der USA. Die großen globalen Problem wie Armut, Ungerechtigkeit, Menschenrechtsverletzungen und Klimawandel seien aber nur gemeinsam zu lösen, so Spiegel. Allerdings hoffe er auch, dass die internationale Gemeinschaft und die verschiedenen Abkommen der letzten Jahre langfristig «stabil genug sind, auch nationale Alleingänge zu überwinden und die große Perspektive nicht aus den Augen zu verlieren».
Hoffen auf Einsicht und Vernunft
Auch die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks "Brot für die Welt", Cornelia Füllkrug-Weitzel, setzt darauf, dass sich mittel- bis langfristig Einsicht und Vernunft durchsetzen. Kurzfristig aber könne es zunächst "ein großer Schaden sein, wenn Amerika sich von den Klimaschutzzielen verabschiedet". Auf lange Sicht aber "schneidet sich damit natürlich die US-Regierung ins eigene Bein". Denn es werde der US-Wirtschaft schaden, "wenn sie dann noch die letzten sind, die nicht kapiert haben, wo es langgeht, und die ihre Wirtschaft, zum Beispiel ihre Automobile, nicht zügig umstellen".
Der Rückblick auf Trumps Weg an die Macht macht auch den evangelischen GKKE-Vorsitzenden Martin Dutzmann eher skeptisch - denn "was wir erlebt haben, ist ein Wahlkampf mit unsäglichen Behauptungen, wo man nur erschrecken kann". In den vergangenen Wochen aber habe er erleichtert beobachtet, dass die designierten Minister sich von einigen dieser Aussagen distanziert hätten. "Und jetzt müssen wir einfach abwarten, was wirklich passiert, um es besser beurteilen zu können."
Auch sein katholischer Kollege Jüsten rät zur Gelassenheit und zitiert dabei ein weiteres geflügeltes Wort: "Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird." Er habe auch den Eindruck, dass viele von Trumps Aussagen umso differenzierter würden, je mehr und je konkreter er sich mit den Themen auseinandersetze, die auf ihn zu kämen - und das hoffentlich auch in Fragen der Entwicklungspolitik.