Prälat vernimmt Lob für Benedikt aus den Reihen der Politik

Das Ende einer Ära

Prälat Karl Jüsten hat die Politiker-Delegation um Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Scholz zur Trauerfeier für Papst Benedikt begleitet. Für den Verstorbenen und für die Kirche hat er dabei große Wertschätzung gespürt.

Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz im Vatikan / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Vor der Trauerfeier gestern hat die deutsche Delegation auch Papst Franziskus getroffen. Wie haben Sie dieses Treffen erlebt?

Karl Jüsten / © Jannis Chavakis (KNA)
Karl Jüsten / © Jannis Chavakis ( KNA )

Prälat Karl Jüsten (Leiter des Katholischen Büros Berlin): Es war eine kurze Begegnung. Kurz bevor der Papst sich in der Sakristei eingekleidet hat, sind wir vor der Pietà kurz mit dem Papst zusammengekommen. Er hat die deutsche und die italienische Delegation empfangen.

Der Bundespräsident, der die Delegation angeführt hat, war natürlich der erste, der mit dem Papst gesprochen hatte. Dabei gab es einen kurzen Austausch. Danach war der Bundeskanzler dann auch dran und die anderen Mitglieder der Delegation.

DOMRADIO.DE: Was wurde denn in der Delegation im Nachhinein über dieses Treffen gesagt? Man tauscht sich ja dann aus. Was haben Sie da gehört?

Papst Franziskus spricht mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier nach der Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus spricht mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier nach der Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Jüsten: Die Ausstrahlung des Papstes wurde von allen als außerordentlich angesehen. Auf der anderen Seite kam er auch gestützt auf dem Stock daher, also wurde er natürlich auch als gebrechlicher alter Mann wahrgenommen. Aber seine Augen waren hellwach und man merkte, dass er voller Spannkraft und Tatendrang ist.

DOMRADIO.DE: Im Anschluss gab es dann die Trauerfeier. Herr Merz und Frau Faeser sind in der Politiker-Delegation die Katholiken. Der Rest ist evangelisch oder gar nicht mehr in der Kirche. Das dürfte sicher für viele ungewohnt gewesen sein. Wie haben die Politiker das erlebt?

Jüsten: Zunächst einmal war es für sie alle selbstverständlich, dass die Verfassungsorgane im Grunde, sagen, dass Benedikt XVI. eine herausragende Persönlichkeit aus Deutschland war. Es hat ja auch seit Menschengedenken keinen deutschen Papst mehr gegeben.

Dass zum ersten Mal ein Deutscher an der Spitze einer Weltorganisation stand, wurde natürlich wertgeschätzt. Genauso wurde auch der Katholik wertgeschätzt. In Deutschland sind ja immer noch sehr viele Menschen katholisch und die Institution der Kirche wird auch sehr wertgeschätzt.

Ich glaube, das war auch ein Ausdruck dafür, dass allem Krisengerede über die Kirche in Deutschland zum Trotz die Kirche ja immer noch stark ist und auch immer noch etwas zu sagen hat. Das hat man auch in den Gesprächen und in den Motiven gespürt, weshalb alle gekommen sind.

Das ist ja ungewöhnlich, dass wir eine so hochrangige Delegation bei einem solchen Ereignis haben.

DOMRADIO.DE: Gab es zur Trauerfeier, zur Länge des Requiems oder zum Ablauf überraschende Worte bei der deutschen Delegation?

Jüsten: Nein. Es gab eher Nachfragen dazu, dass der Papst in seiner Ansprache sehr wenig persönliche Worte über Papst em. Benedikt XVI. verloren hat. Das waren mehr allgemeine Ausführungen über das Leben und den Tod und das Sterben. Da hätte man eher eine persönliche Ansprache erwartet.

Das ist aber vielleicht auch dem Umstand geschuldet, dass sehr viele evangelische Christen bei der Delegation dabei waren. In der evangelischen Tradition ist es stärker der Fall, dass man den Verstorbenen auch bei der Ansprache würdigt als bei der katholischen Tradition.

Die deutsche Delegation im mittleren Bereich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (vorne M) , seine Frau Elke Büdenbender (vorne l), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ( 2. Reihe l., SPD), Peter Tschentscher (2. Reihe 2.v.r., SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg und Bundesratspräsident, Bundeskanzler Olaf Scholz (2. Reihe r, SPD) , Nancy Faeser (3. Reihe l., SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, Markus Söder (3. Reihe 2.v.l., CSU), Ministerpräsident von Bayern, Friedrich Merz (3. Reihe r), CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion, während der öffentlichen Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz / © Ben Curtis (dpa)
Die deutsche Delegation im mittleren Bereich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (vorne M) , seine Frau Elke Büdenbender (vorne l), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ( 2. Reihe l., SPD), Peter Tschentscher (2. Reihe 2.v.r., SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg und Bundesratspräsident, Bundeskanzler Olaf Scholz (2. Reihe r, SPD) , Nancy Faeser (3. Reihe l., SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, Markus Söder (3. Reihe 2.v.l., CSU), Ministerpräsident von Bayern, Friedrich Merz (3. Reihe r), CDU Bundesvorsitzender und Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU Fraktion, während der öffentlichen Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz / © Ben Curtis ( dpa )

DOMRADIO.DE: Es waren deutlich weniger Menschen auf dem Petersplatz als zum Beispiel beim Requiem von Papst Johannes Paul II. damals. Gab es dazu irgendwelche Äußerungen?

Jüsten: Papst em. Benedikt XVI. war auch schon seit zehn Jahren nicht mehr aktiv im Amt. Das muss man natürlich zusätzlich beachten. Zudem ist es so, dass in Italien Weihnachtsferien sind und viele Italiener gar nicht da sind.

Und dann muss man auch sagen: Da, wo wir standen, hat man das gar nicht gemerkt. Wir waren ganz nahe dran auf der Papst-Insel. Der Petersplatz war aus unserer Sicht voll und die Menschen haben auch fleißig mitgesungen. Da gab es eine gute Beteiligung und auch eine innerliche Beteiligung. Papst Benedikt hat ja auch gewünscht, dass es eher eine schlichte Form hat. Diesem Wunsch wurde auch Genüge getragen. Von daher war das schon gut.

Ein Mann in bayerischer Tracht trägt eine Flagge des Freistaats Bayern vor der Trauermesse für den verstorbenen, emeritierten Papst Benedikt XVI. / © Paul Haring/CNS photo (KNA)
Ein Mann in bayerischer Tracht trägt eine Flagge des Freistaats Bayern vor der Trauermesse für den verstorbenen, emeritierten Papst Benedikt XVI. / © Paul Haring/CNS photo ( KNA )

Zum Schluss löste dann noch etwas ein kleines Schmunzeln aus, als aus der bayerischen Delegation eine Kapelle die Bayern-Hymne gesungen hat. Es sind 200 Personen aus Bayern angereist und der bayerische Ministerpräsident Söder, der auch zur Delegation gehörte, hat die Bayern-Hymne dann auch noch mitgesungen. Dieses Heimatkolorit hat der ganzen Sache auch noch mal eine persönliche Note gegeben.

DOMRADIO.DE: Der Bundeskanzler musste nach den Trauerfeierlichkeiten recht schnell wieder zurück nach Berlin. Auch Sie sind jetzt schon wieder in Deutschland. Der Kanzler hatte zum Beispiel am gleichen Tag glaube ich noch einen Termin mit den Sternsingern. Hat da alles geklappt?

Jüsten: Das hat alles sehr gut geklappt. Das ist natürlich der Vorteil, wenn Sie so organisiert reisen können. Dann können Sie morgens früh hinfliegen, und am späten Nachmittag kamen wir dann auch wieder zurück.

Der Bundespräsident hat gestern zudem Geburtstag gehabt. Das war dann auch eine Besonderheit, dass er an seinem Geburtstag diese Reise auf sich genommen hat. Da haben wir ihm auf der Rückfahrt nach den Trauerfeierlichkeiten im Flugzeug noch ein Ständchen gebracht und gesungen: "Viel Glück und viel Segen sei auch mit dabei".

DOMRADIO.DE: Was nehmen Sie sonst noch persönlich von der Trauerfeier für Papst Benedikt XVI. mit?

Jüsten: Ich kenne Papst Benedikt von der Literatur her noch als Professor und auch noch als Erzbischof von München und Freising. Da weiß man natürlich schon, dass er ein großer Theologe war, der da von uns gegangen ist. Ihm verdanke ich auch für mein eigenes theologisches Denken wesentliche Einsichten.

Wenn dann so ein großer Theologe stirbt, dann hat man schon das Gefühl, dass eine Ära zu Ende geht. Von dieser Generation der großen Theologen wie Küng, Lehmann, Ratzinger und Hans Urs von Balthasar, ist eigentlich Walter Kardinal Kasper der letzte Lebende aus dieser großen Theologen-Generation, die auch in dem Sinne keinen Nachfolger gefunden hat. Das geht einem dann schon nach.

Da hat man doch das Gefühl, dass eine Zeit zu Ende geht. Gleichzeitig wird dann auch die Frage aufgeworfen, wer in unserer Generation jetzt die theologische Diskussion vorantreiben kann. Das stimmt schon eher nachdenklich, dass ich da eher keine solchen Gestalten sehe.

Das Interview führte Bernd Hamer.

Die wichtigsten Leitlinien des Denkens von Joseph Ratzinger

Benedikt XVI. war der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig sein Amt abgab. Dabei berief er sich auf sein Gewissen - obwohl er dieser Instanz stets misstraute und theologisch ganz andere Schwerpunkte setzte. Wie wohl kein Papst vor ihm ist Benedikt XVI. auch auf dem Stuhl Petri ein Theologe geblieben.

Bereits als junger Wissenschaftler gehörte er zu den führenden deutschen Dogmatik-Professoren, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) prägten. Später entfremdete er sich immer mehr von seinen Kollegen.

Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
DR